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Die US-Band Deafheaven

© Corinne Shiavone / Anti-Records

Deafheaven im Bi Nuu: Sirenenrufe im Saal

Black Metal plus Indierock: Deafheaven liefern im Kreuzberger Bi Nuu eine beeindruckende Gesangsperformance.

Was mussten sich Deafheaven nicht schon alles anhören: Sie würden „Hipster Black Metal“ machen, kommerzielle Emo-Musik. Als die amerikanische Band 2013 ihre zweite Platte „Sunbather“ herausbrachte, sorgte das für reichlich Aufsehen: Auf dem Album mit dem rosa Cover brachen die Kalifornier mit allen Black Metal-Klischees, mischten das Genre mit Post- und Indierock und traten in Turnschuhen und Jeans auf. Die Feuilletons waren begeistert, aufgeschlossene Black Metal-Fans noch viel mehr, Szene-Puristen hingegen sahen in Deafheaven Verräter der reinen Lehre, ähnlich wie bei anderen unorthodoxen Bands wie Liturgy oder Alcest, die Deafheaven den Weg geebnet haben.

So verwundert es ein wenig, dass Sänger George Clarke im Bi Nuu nicht wie früher mit kurzem Bart und Seitenscheitel auf die Bühne kommt, sondern im schwarzen Jackett, glattrasiert und mit langen Haaren, die er gleich beim ersten Song zünftig propellern lässt. Eine Anbiederung an das konservative Metal-Publikum? Umso überraschender, als Deafheavens aktuelles Album „Ordinary Corrupt Human Love“ ihre bislang Indierock-lastigste Arbeit geworden ist.

Beeindruckende Gesangsperformance

Sei’s drum: Live sind Deafheaven über jeden Zweifel erhaben, die Band spielt Black Metal, so wie er sein muss – heftig, scharfkantig, rauschhaft. Machtvoll dröhnen die Blastbeats aus den Boxen, weite, erhabene Flächen aus endlosen Riffs breiten sich im Raum aus, doch immer wieder mischen sich an Classic Rock erinnernde Melodien dazwischen, ebenso wie glockenartige Gitarren-Licks, wie man sie von Postrock-Bands wie Explosions In The Sky kennt. Und es funktioniert! Nicht zu Unrecht gelten Deafheaven als wichtiger Vertreter des Blackgaze, also der Verschmelzung von Black Metal und Shoegaze.

George Clarke liefert eine beeindruckende Gesangsperformance: Das Kinn vorgereckt, die Augen manisch in die Ferne gerichtet, hallen seine durch Mark und Bein gehenden Schreie wie Sirenenrufe durch den Saal. Deafheaven zeigen, dass das faszinierende an Black Metal in der schieren Wucht des Sounds besteht, der sich wie ein majestätisches Bergmassiv vor dem inneren Auge des Hörers auftürmt. „Ich finde Black Metal wirklich schön“, sagte Clarke einmal in einem Interview. Und genau so ist es.

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