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Der französische Maler Pierre Soulages wird am 24.12. ein Jahrhundert alt.

© JOEL SAGET/AFP

Dem Künstler Pierre Soulages zum 100.: Schwarz ist das Glück

Er wird an diesem Heiligabend 100 Jahre alt. Der Künstler Pierre Soulages hat sein Leben vor allem schwarze Bilder gemalt. Jetzt feiert ihn ganz Frankreich.

Er ist ein Meister der abstrakten Malerei, er lässt die Farbe Schwarz leuchten wie kein anderer Künstler - und ist der letzte lebende Künstler, der bei der ersten Documenta 1955 dabei war: Der französische Maler Pierre Soulages feiert an diesem Heiligabend seinen 100. Geburtstag. Und ganz Frankreich feiert mit.

Der Pariser Louvre öffnet ihm für eine einzigartige Retrospektive einen seiner schönsten Säle, das Centre Pompidou zeigt seine historischen Werke, das Museum Fabre in Montpellier wirft ein neues Licht auf seine Kunst, und Rodez, seine Geburtsstadt im Süden Frankreichs, würdigt den 100. Geburtstag von Soulages schon seit Anfang des Jahres.

All diese Ausstellungen geben Einblick in ein außergewöhnliches 80-jähriges Schaffen. Denn der mit seinen 1,90 Metern hochgewachsene Soulages steht noch immer vor der Leinwand.

„Warum sollte ich aufhören?“ lautet seine Antwort auf die Frage von Journalisten, ob er in seinem hohen Alter immer noch male. Als Beweis: Für seine Louvre-Retrospektive hat er in seinem Atelier in der südfranzösischen Hafenstadt Sète eigens ein Triptychon gemalt. 

Zu sehen ist auf den drei monumentalen Werken dick aufgetragene schwarze Acrylfarbe, in die Soulages mit Bürsten, Eisenhaken und Spachteln Striche gezogen hat: mal dicke, mal dünne, mal schräge, mal gerade. Keines der Bilder gleicht dem anderen.

Eine Retrospektive im Louvre gab's bisher nur für Picasso und Chagall

Soulages setzt sich seit Jahrzehnten mit der Farbe Schwarz auseinander. Das zeigt auch die Louvre-Schau in dem prächtigen „Salon carré“. Man habe mit wenigen Werken ein 80-jähriges Schaffen illustrieren wollen, sagte der Kurator Alfred Pacquement. Es ist die erste Retrospektive, die das Pariser Museum Soulages widmet. Eine ganz besondere Ehre, die zuvor nur Pablo Picasso und Marc Chagall zu ihrem 90. Geburtstag zuteil wurde.

Die Louvre-Wahl fiel auf 19 meist großformatige Bilder, die seine künstlerische Entwicklung markieren. Und dazu gehören seine ersten Arbeiten, die ab Mitte der 40er Jahre entstanden sind. Es sind Darstellungen, auf denen er mit Nussbeize, ein Material zum Aufpeppen alter Möbel, schwungvoll breite schwarz-bräunliche Linien geschaffen hat. In diesen Werken benutzte Soulages die Farbe Schwarz noch, um durch sie den Lichteffekt von Weiß und anderen Farben zum Ausdruck zu bringen.

Die Pierre-Soulages-Retrospektive zum 100. Geburtstag des französischen Malers im Louvre.
Die Pierre-Soulages-Retrospektive zum 100. Geburtstag des französischen Malers im Louvre.

© dpa/Sabine Glaubitz

Im Jahr 1979 sollte sich das ändern. Er begann, die Leinwand ganz mit Schwarz zu bedecken und die Farbe zur Reflexion des Lichts zu nehmen. Überdimensionale Triptychen und Polyptychen sind entstanden, deren Struktur der schwarzen Farbpaste das Licht moduliert. „Outrenoir“, Jenseits von Schwarz, nannte er diese Kompositionen, die seitdem seine Arbeit bestimmen.

Die „Outrenoir“ haben Soulages international bekannt gemacht. Dabei sind sie eher aus einer künstlerischen Krise heraus entstanden. Wie Soulages in mehreren Interviews erklärte, ließ er eines Tages verzweifelt von der Leinwand ab, auf der er ratlos mit der Farbe Schwarz experimentiert hatte. Als er sich ihr später wieder zuwandte, nahm er zum ersten Mal die Lichtreflexe auf dem glänzenden Schwarz wahr.

Soulages erkannte, dass er nicht Dunkelheit, sondern Helligkeit geschaffen hatte. „Erst in dem Moment habe ich begriffen, was passiert war: Ich hatte nicht mit Schwarz gemalt, sondern durch die Reflexionen der Farbe das Licht gemalt. Für mich eröffneten sich dadurch unermessliche Möglichkeiten.“

Seit 2014 gibt es im südfranzösischen Rodez ein Museum mit 500 Soulages-Werken

Schwarz sei die erste Farbe in der Kunstgeschichte gewesen, erklärt Soulages seine Bildwelt. Mit dem Licht seien zwar die Farben geboren worden, doch das Schwarz habe es schon zuvor gegeben, so der Maler, der sich auch stets in Schwarz kleidet.

Soulages wurde in Rodez im Jahr 1919 als Sohn eines Kutschenbauers geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging er nach Paris, wo er die Künstler Hans Hartung und Francis Picabia kennenlernte. Sie waren, so wie er, Vertreter der informellen Kunst, der nicht geometrischen Abstraktion.

In Rodez ist 2014 das Soulages-Museum mit rund 500 Werken des Künstlers eröffnet worden. Nur 40 Kilometer von seiner Geburtsstadt entfernt liegt Conques, wo sich die Klosterkirche Sainte-Foy befindet, für die er die heute weltweit bekannten Glasfenster entwarf: milchig-weiß, von schwarzen Bleibändern quer und diagonal durchzogen. dpa/Tsp

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