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Sonnenanbeterin. Die 29-jährige Dena gilt als eine der Newcomerinnen des Jahres.

© Obi Blanche

Dena: Die Sommerhoffnung

Mit dem Song „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ ist der Berliner Sängerin Dena ein Internet-Hit gelungen. Gerade arbeitet sie an ihrem Debütalbum. Ein Studiobesuch in Neukölln

Eine Frau im knallig pinken Übergrößen-Pullover und prächtigem Goldkettchen tanzt in Zeitlupe über einen Flohmarkt. Die Musik dazu ist extrem eingängig, mit einem tänzelndem Neunziger-Beat, fettem Bass und ein wenig Türklingeln im Hintergrund. „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ heißt dieses Video der Musikerin Dena. Aber wer ist diese Frau mit der klaren, fast souligen Stimme? Woher hat sie diesen unfassbar lässigen Style? Und wo ist sie da eigentlich? Das Setting sieht ein wenig nach Balkan aus, liegt aber in Neukölln. Nicht im angesagten Teil, sondern vor einem Baumarkt am S-Bahnhof.

Letzten Sommer stellte Dena den Clip ins Net, und schon innerhalb der ersten Woche wurde er 30 000 Mal angeklickt. Mittlerweile sind es weit mehr als eine halbe Millionen Klicks. Magazine und Online-Medien von den USA bis nach Südkorea schrieben über Dena und ihren Song. Auch die deutsche Pop-Kritik überzeugte sie: Bei der Spiegel-Online-Prognose der vielversprechendsten Newcomer für 2013 belegte die in Berlin lebende Bulgarin den zehnten Platz.

Das französische Label Kitsuné, ein großer Name im europäischen Popuniversum, hat gerade ihre erste EP veröffentlicht. Darauf ist natürlich der Hit „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ sowie einige Remixe. Bald soll ein ganzes Album folgen. Dena stellt es gerade fertig und will dann eine Plattenfirma dafür suchen.

An einem Freitagnachmittag sitzt Denitza Todorova, so Denas bürgerlicher Name, in einem Produktionsstudio in Neukölln – nicht weit entfernt von dem Parkplatz, auf dem sie das Video zu „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ gedreht hat. Auch hier im „Gewerbegebiet Nördliche Sonnenallee“ herrscht industrieller Großstadtcharme. Im Hinterhof liegt eine KFZ-Werkstatt, nebenan ein türkisches Restaurant und gegenüber stapelt sich bergeweise Metallmüll entlang des Schifffahrtskanals, umrandet von ein paar großen Kränen. Das Haus selbst wirkt dagegen fast herrschaftlich mit seinem neoklassizistischem Baustil.

Das Studio gehört zwei Mitgliedern der Band The Whitest Boy Alive, mit denen Dena schon öfter zusammengearbeitet hat. Die seien alle aus ihrer „Gang“ – Leute, mit denen sie zusammen abhänge: „Es gibt viele solche Crews in Berlin. Für uns ist das die Welt,“ erzählt die 29-Jährige, während sie Pfefferminztee aus dem Pappbecher trinkt. Heute trägt sie einen Pulli in Rosa, eine dunkelgrüne Bommelmütze, giftgrün-gelb lackierte Fingernägel, kurze schwarze Hosen mit Strumpfhose drunter und Turnschuhe.

Im Nebenraum sitzt ihr Produzent Jonas Verwijnen und bastelt am neuen Album. „Er macht den Sound fett“, sagt Dena, deren Songs meist am Klavier entstehen oder an einer kleinen Beat-Maschine in ihrem Mini-Studio in ihrer Wohnung. So lief es auch bei ihrem Hit, den sie erst niemandem zeigen wollte: „Mir erschien die Message fast zu direkt.“ Denn Dena will nicht nur die dicke Kohle wie der Titel „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ vermuten lässt. Sie will vor allem ins Warme. „Es geht um den knallharten Winter in Westeuropa und die Hoffnung auf den Sommer. Es kommt dabei weniger darauf an, dass der Sommer wirklich beginnt, sondern auf die Hoffnung darauf. Aber es ist auch eine sehr konkrete Wetterbeschwerde,“ erklärt die Musikerin mit einem breiten Lächeln.

Eine Beschwerde war auch einer ihrer ersten selbstgeschriebenen Songs. Da war Denitza gerade zehn Jahre alt und wohnte in einem 80 000-Seelen-Örtchen in Bulgarien. Zusammen mit ihrer Schwester sang und rappte sie. „Ich wusste sofort: Das sind Songs! So Kinder-Rap-Songs auf Bulgarisch!“ An einen kann sie sich noch gut erinnern. Er handelte von der Milchfrau, die am Morgen immer viel zu zeitig auf der Straße vor ihrem Haus stand und ihre Milch anpries.

Damals waren Destiny’s Child ihre absolute Lieblingsband. Die Welt, von der die drei Frauen da im Musikfernsehen sangen, wirkte auf Dena wie ein weit entferntes Schlaraffenland: „Die Realität bei uns in Bulgarien war vollkommen anders. In Westeuropa war man da vielleicht näher dran.“ Die Heimat spielt bei der Sängerin immer wieder eine Rolle. Deshalb fühlt sie sich auch in Kreuzberg und Neukölln so wohl – es erinnert sie an das Dreiländereck Griechenland, Bulgarien und Türkei, aus dem sie stammt.

Im Jahr 2005 ist Dena nach Berlin gekommen und hat in Potsdam Visuelle Kommunikation und Medienwissenschaften studiert. Nebenbei gründete sie mit einer Freundin ein Musikduo. Ein paar Mal sind die beiden sogar aufgetreten. Aber diese Gigs sind nicht zu vergleichen mit den Konzerten, die Dena jetzt gibt. Als Vorband von The Whitest Boy Alive etwa, vor 2000 Leuten, die nach ihren Rhythmen die Hüften kreisen lassen.

Im Frühjahr will sie die nächste Single veröffentlichen. Dem Titel nach dreht sie sich wieder um den popmusikalischen Prestigekosmos. Statt über Bling-Bling singt sie diesmal über die „Guestlist“ am Clubeingang, auf der alle coolen Typen stehen. Im Gespräch erklärt sie, dass es aber auch um eine politische Gästeliste geht – eine, auf die Bulgarien erst vor sechs Jahren gekommen ist, als das Land der Europäischen Union beigetreten ist. „Jetzt nähert man sich stärker an Westeuropa an. Überall sind Shopping Malls.“ Der Sound von „Guestlist“ hat einen orientalischen Touch – vielleicht klingt so eine globalisierte Gästeliste.

Dena: „Cash, Diamond Rings, Swimming Pools“ (Kitsuné/Melting Pot Music) bei itunes, ab 22.2. überall

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