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DENKEN: Bilder des Barbarischen

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun?

Für den Philosophen Immanuel Kant gab es genau vier Fragen, die sich ernsthaft denkende Menschen stellen müssen: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Und: Was ist der Mensch? Wir beantworten sie, nicht immer ganz ernst gemeint, mit dem Hinweis auf eine besonders empfehlenswerte Veranstaltung im Vortrags-, Lesungs- und Debattendickicht Berlins - und den Menschen, der dahinter steht.

Was kann ich wissen?

Dass nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben barbarisch sei, ist einer der berühmtesten Sätze über Literatur. Adornos Verdikt ist fast zur Leerformel geworden. Der Satz hat Kritik geerntet, eindrücklich wird er durch Paul Celans Gedicht „Todesfuge“ widerlegt, Adorno selbst hat ihn später relativiert. Auch heute stellt sich die Frage nach den Grenzen der Kunst angesichts unvorstellbarer Gräueltaten. Kann wirklich alles zum ästhetischen Gegenstand werden? Und wenn alles künstlerisch bearbeitet werden kann, muss nicht trotzdem reflektiert werden, wer vom Barbarischen Zeugnis ablegen kann und welchen Prozess das Material auf seinem Weg in die Schrift, in das Bild, in die Musik unterläuft?

Was soll ich tun?

Ich höre zwei Autoren zu, die aus privater wie künstlerischer Perspektive Relevantes zu sagen haben: Am Mittwoch um 19.30 Uhr führen Georg Stefan Troller und Robert Schindel ein Gespräch über „All das Vergangene – Das Barbarische des 20. Jahrhunderts und seine künstlerische Darstellung“ (Haus der Berliner Festspiele, Schaperstr. 24).

Was darf ich hoffen?

Dass sich die Frage nach dem Barbarischen irgendwann nicht mehr stellt.

Was ist der Mensch?

Troller floh 1941 vor den Nazis aus Wien nach Amerika, Schindel wurde 1944 durch zwei Fürsorgerinnen vor der Deportation ins KZ bewahrt. Schindel sagte in einem Interview zum Verhältnis von Leben und Werk: „Die Menschen wollen sich ausdrücken. Der Weg von diesem therapeutischen Bewältigungsverhalten zu einem Kunstwerk ist nicht einfach.“ Auch nicht einfach ist das Verhältnis von Barbarei und Humor. Der 1943 zum US-Militär eingezogene Troller wurde von einem GI gefragt, ob er ein Freund von Hitler sei. Troller: „He is my best buddy.“ Der Witz kam nicht an und Troller musste zur Strafe ein Jahr lang in seinem Ausbildungslager Kartoffeln schälen. Seine Einheit zog derweil in den Krieg und wurde in Nordafrika aufgerieben. Troller: „Hitler hat mir sozusagen das Leben gerettet.“ Elke Brüns

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