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Kultur: Denker im Schützengraben

SYMPOSIUM

Die Berliner Volksbühne bekennt sich zu ihren Orientierungsproblemen. Zwei Tage prangte in großen Lettern „West“ über dem traditionell mit Ost-Arbeit beschäftigten Haus. Das Theater beherbergte prominente Meisterdenker beim Symposium „ Im Westen was Neues. Europa zwischen Postatlantismus und Postkommunismus“. Der alte Westen, der alte Osten sind bekanntlich nicht mehr, was sie einmal waren. Wie die postkommunistische und -atlantische Situation zu beschreiben seien, wollte Peter Sloterdijk als Initiator des Treffens wissen. Zumal von Intellektuellen, die von „engagierten“ zu „untergetauchten“ und nun zu „eingebetteten“ mutiert seien. Was also lässt sich aus dem Schützengraben erkennen? Meist düstere Aussichten.

Bazon Brock befürchtet die „Wiederkehr des Faschismus als Demokratie“. All das, was früher zur Abgrenzung gegenüber totalitären Regimes gedient habe, werde nun legal betrieben: Euthanasie als Sterbehilfe oder gar der Präventivkrieg. Boris Groys sieht einen allumfassenden Kapitalismus heraufdämmern. Die Frage sei nur, ob der Kapitalismus seine „Utopisierung und Idealisierung überlebt oder daran zugrunde geht.“ Für Slavoj Zizek steht das Über-Ich für Amerika, das Es für die Dritte Welt, für Europa bleibt die Position des Ich. In der droht es zerrieben zu werden: „Wir müssen etwas machen, sonst werden wir verschwinden.“ Mit Karl Schlögel saß auch ein Historiker mit Sinn fürs Faktische auf dem Podium. Für ihn sei die „Vergesellschaftungskapazität des Kapitalismus“ durchaus nicht am Ende. Die Volksbühne jedenfalls ist nach wie vor jenes „Laboratorium sozialer Fantasien“, als das der Philosoph Wolfgang Heise das Theater einmal beschrieben hat.

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