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In schlechtem Zustand. Die offenen Säulenhallen der „Römischen Bäder“ sind von Wind und Wetter angegriffen.

© Hans Bach, SPSG

Denkmalschutz während Coronakrise: Preußische Schlösser und Gärten werden renoviert wie geplant

Investitionen in die Zukunft der Vergangenheit: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten lässt sich beim Schutz des historischen Erbes nicht von der Coronakrise stoppen.

Historische Gemäuer scheren sich nicht darum, ob das Leben um sie herum normal verläuft oder ob eine Pandemie das Land lahmlegt. Sie bröckeln einfach immer weiter vor sich hin. Darum stand es auch nie zur Diskussion, das 2. Sonderinvestitionsprogramm der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) wegen der Corona-Krise auszusetzen.

Selbst wenn in diesem Jahr die Besuchszahlen um 70 bis 80 Prozent zurückgehen werden, wie Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr vor einigen Tagen im RBB prophezeite, droht keine Streichung oder Umschichtung der Mittel, die im Rahmen des Sonderinvestitionsprogramms für den Erhalt und die Pflege der Denkmäler vorgesehen sind.

Weil die SPSG vom Bund sowie den Ländern Berlin und Brandenburg finanziert wird. „Wir unterscheiden streng zwischen konsumptiven und investiven Ausgaben“, hat Kulturstaatsministerin Monika Grütters im April in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärt.

„Laut Haushaltsordnung muss ein bestimmter Prozentsatz im Etat einer Körperschaft für Investitionen bestimmt sein, sonst ist der Haushalt verfassungswidrig.“ Was absolut sinnvoll sei, denn schließlich entstehe so „ein Mehrwert, der nachhaltig ist“, wie Grütters hinzufügte.

400 Millionen Euro stehen also trotz der wirtschaftlichen Rezession weiterhin für die Stiftung bereit, um die Substanz der Schlösser zu bewahren, den Brandschutz und die Energiebilanz zu verbessern oder aber auch akut bedrohte Gebäude vor dem Verfall zu retten.

Das Schlösschen auf der Pfaueninsel – außen Fake, innen kostbar

So wie das Schlösschen auf der Pfaueninsel. „Wegen der hohen Schadensprogression kann es nicht mehr warten“, erklärt Ayhan Ayrilmaz, der Direktor der Abteilung Architektur der SPSG. Von 1794 bis 1797 hat Friedrich Wilhelm II. die kunstvoll-künstliche Ruine für seine Maitresse und langjährige Vertraute Wilhelmine Encke auf dem Eiland in der Havel errichten lassen – als Fachwerkbau, der außen mit Holzbohlen verkleidet wurde.

Was von Ferne nach hellen Sandsteinquadern aussieht, ist also nur eine optische Täuschung, hervorgerufen durch aufgemalte Fugen.

„Außen haben wir eine ganz filigrane Staffage-Architektur, während die authentische Ausstattung der Innenräume mit zum Kostbarsten gehört, was wir haben“, schwärmt Ayrilmaz. Es gibt Marmor auf den Treppen in diesem Lustschloss, edle Tapeten und sogar einen Raum, der als Bambushütte gestaltet ist.

Das Schloss auf der Pfaueninsel ist renovierungsbedürftig.
Das Schloss auf der Pfaueninsel ist renovierungsbedürftig.

© Hans Bach

„Die Voruntersuchungen sind abgeschlossen, ein Planungsbüro wurde bestellt und das Haus ist mittlerweile komplett geräumt.“ Alle hochkarätigen Kunstgüter wurden ins Depot gebracht, als nächstes kommt die Schadstoffanalyse dran.

Denn das Holz der Fassade wurde ja über die Jahrhunderte immer wieder chemisch behandelt, gegen Schwamm und Insektenbefall. 2021, hofft der Direktor der Architektur-Abteilung, werden die Bauarbeiten auf der Pfaueninsel losgehen können.

Alle Baumaterialien müssen per Fähre auf die Insel

Von seinen 30 Mitarbeitern sind zwar viele im Homeoffice, und auch bei den externen Partnern läuft derzeit nicht alles rund. „Das Tempo der Planungen hat sich dadurch zwar verlangsamt“, sagt Ayhan Ayrilmaz, „der Prozess stagniert aber nicht.“

Als nächstes muss er sich um die knifflige Logistik-Frage beim Schlösschen-Projekt kümmern. Schließlich gilt es, alle Baumaterialien per Fähre zu transportieren, und zwar möglichst so, dass der hoffentlich bald wieder anlaufende Besucherbetrieb auf der Insel dadurch nicht beeinträchtigt wird. „Zum Glück haben wir seit der Renovierung des Fährhauses Erfahrungen mit den logistischen Herausforderungen an diesem speziellen Ort.“

Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten betreut in Berlin, Potsdam und im brandenburger Umland Parkflächen in der Größe von insgesamt 750 Hektar, auf denen 300 Gebäude stehen. Die zumeist uralt und darum sehr pflegebedürftig sind.

Auf rund eine Milliarde Euro belief sich der Investitionsstau bei der SPSG, als 2008 das erste Sonderinvestitionsprogramm startete. Für rund 165 Millionen Euro konnten 50 Projekte realisiert werden, seit 2018 steht die 400 Millionen Euro schwere Anschlussfinanzierung, die bis 2030 läuft und für bis zu 70 Vorhaben reichen soll.

Die meisten Gebäude sind uralt und sehr pflegebedürftig

Nicht nur klassische Denkmalsanierungen sind dabei, sondern auch Neubauprojekte. So wird es einen Erweiterungsbau des zentralen SPSG-Depots am Potsdamer Hauptbahnhof geben, der speziell für die Einlagerung von Skulpturen konzipiert ist.

Im Park Sanssouci will man Unterbringungsräume schaffen, auf die die Gärtner seit Jahrzehnten hoffen. Und der Service soll verbessert werden, unter anderem mit einem neuen Besucherzentrum an der Historischen Mühle in Sanssouci.

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Letzteres war eigentlich schon in der ersten Phase des Investitionsprogramms geplant, damals allerdings als Public-Private-Partnership. Es sollten also Investoren gefunden werden, die bereit sind, nach den Vorgaben des Denkmalschutzes historische Gebäude zu sanieren und dann als Restaurant und Besucherzentrum zu betreiben.

„Dafür fanden sich allerdings keine Interessenten“, sagt Ayhan Ayrilmaz. „Weil es wirtschaftlich wohl nicht rentabel genug ist. Eine interessante Erfahrung. Jetzt realisieren wir die Projekte also mit eigenen Mitteln.“

Ganz oben auf der Dringlichkeitsliste bei den architektonischen Hinterlassenschaften aus königlicher Zeit stehen auch die „Römischen Bäder“. Sie liegen im südwestlichen Teil des Parks von Sanssouci, nahe beim Schloss Charlottenhof, in dem Friedrich Wilhelm IV. während seiner Kronprinzenjahre gelebt hat.

Von ihm selber stammen die Skizzen zu den „Römischen Bädern“, die zwischen 1829 und 1840 von den Hofbaumeistern Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius realisiert wurden.

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Die Sanierung der „Römischen Bäder“ kann wohl erst 2022 starten

Einen schöneren Ausdruck hat die Italiensehnsucht der Preußenherrscher nie angenommen. Das Fantasie-Ensemble, halb im Landhausstil gehalten und halb als Kopie antiker Villen, bietet von der Pergola mit Weinlaub über Säulenfragmente, und pompejanische Wandmalereien bis hin zu einem gigantischen Sarkophag alles, was für Bildungsreisende den Charme des Landes ausmacht, wo die Zitronen blüh'n.

Ayhan Ayrilmaz freilich blickt mit anderen Augen auf dieses Kleinod: „Die Römischen Bäder sind eine große, komplizierte Aufgabe, mit allen nur vorstellbaren Herausforderungen, die die Denkmalpflege bieten kann: Sicherungsarbeiten, Putzarbeiten, Holzschutzarbeiten, umfangreiche Restaurierungen.

Es wird eine echte Grundsanierung, denn das Ensemble ist in beklagenswertem Zustand.“ Was auch daran liegt, dass sich der romantisch veranlagte König einen offenen Baustil wünschte, wie er für das nasskalte Klima in Brandenburg so gar nicht geeignet ist, mit vielen offenen Höfen und Säulenhallen, deren Oberflächen ungeschützt der Witterung ausgesetzt sind. Hinzu kommt die Lage an einem extra angelegten See, was erst zu Feuchtigkeit im Fundament führte und dann zu Rissen im Mauerwerk.

„Wir stehen bei den Römischen Bädern leider erst am Anfang der Planung“, sagt Ayrilmaz. „Bis wir alle Schäden detailgenau aufgenommen haben und die Behebung der Schäden losgehen kann, wird es wohl 2022 werden.“ Drei bis vier Jahre sind für die komplizierten, kleinteiligen Maßnahmen eingeplant.

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Wuchernde bürokratische Vorschriften

Wer das bauliche Erbe pflegt, braucht einen langen Atem. Auch dank wuchernder bürokratischer Vorschriften. „Jedes Projekt, dessen Gesamtkosten 2,5 Millionen Euro überschreiten, muss europaweit ausgeschrieben werden“, erzählt der Direktor der Architekturabteilung. „Das dauert jeweils mindestens acht bis neun Monate bei Planungsleistungen. Und am Ende bewerben sich dann doch fast ausschließlich regionale Firmen für die Bauleistungen.“

Eine der ganz großen Baustellen der SPSG ist das Neue Palais. Der riesige Bau, mit dem Friedrich der Große seine Staatsgäste beeindrucken wollte, kann nur Schritt für Schritt saniert werden. Im aktuellen Masterplan sind 22 Millionen Euro allein für die Dachsanierung eingeplant. „Der König wollte keine außen liegenden Regenrinnen und Fallrohre haben“, erzählt Ayrilmaz.

„Darum wurden sie in die Fassade gelegt - was bei jedem Leck natürlich weitreichende Folgen hat. Über die Zeit wurde so immer mehr Feuchtigkeit wird ins Haus getragen.“ Saniert werden müssen aber auch der Dachstuhl, die Gesimse sowie die umlaufenden Balustraden mit den vielen Skulpturen.

Die Dachsanierung ist bereits Schritt vier im komplexen Unterfangen der Sanierung des Neuen Palais. Begonnen hat alles mit dem Sockelgeschoss - „erstmals seit dem 18. Jahrhundert ist das jetzt wieder richtig trocken“, dann kamen ausgewählte Säle dran, kurz vor dem Corona-Lockdown waren die Arbeiten zur Verbesserung des Brandschutzes im Rokoko-Schlosstheater abgeschlossen.

Die feierliche Wieder-Einweihung allerdings, die im Juni während der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci geplant war, musste wegen der die Pandemie auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Wieder geöffnet sind im Park von Sanssouci die Bildergalerie und die Neuen Kammern sowie das Chinesische Haus, im Umland die Schlösser Caputh, Oranienburg und Rheinsberg sowie in Berlin das Schloss Schönhausen sowie in Charlottenburg der Neue Flügel und das Mausoleum.

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