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Kultur: Der Bauer ist ein Tramp

über Hexenjagden in Ost und West Mitten im kalten Krieg haben sich vier französische Schauspieler in die DDR begeben, um für die DEFA zu arbeiten. Sie wurden nicht mit hohen Gagen gelockt, und sie waren auch nicht so ausgebrannt, dass sie jede Rolle annehmen mussten.

über Hexenjagden in Ost und West Mitten im kalten Krieg haben sich vier französische Schauspieler in die DDR begeben, um für die DEFA zu arbeiten. Sie wurden nicht mit hohen Gagen gelockt, und sie waren auch nicht so ausgebrannt, dass sie jede Rolle annehmen mussten. Jean Gabin, Gérard Philipe, Simone Signoret und Yves Montand nahmen aus politischer Überzeugung Kontakt zur DEFA auf. Von August bis Dezember 1956 entstand hier Hexenjagd , Raymond Rouleaus Verfilmung des gleichnamigen Dramas von Arthur Miller. Signoret und Montand hatten bereits auf der Bühne das Ehepaar Proctor verkörpert, das im Jahr 1692 in Salem (Massachusetts) Opfer einer Denunziationskampagne und eines Schauprozesses wird. Jean-Paul Sartre schrieb das Drehbuch und verstärkte noch die Anspielung auf die antikommunistische Hexenjagd, die damals gerade in Hollywood stattgefunden hatte. Die politische Allegorie hat inzwischen an Wirkung verloren, die Stars nicht. In Nebenrollen sind zahlreiche DDR-Künstler zu bewundern, unter anderem Sabine Thalbach, die früh verstorbene Mutter von Katharina. (Heute bis Sonnabend im Filmkunst 66)

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Nicht annähernd so eindeutig ist die Botschaft von Sergej M. Eisensteins letztem Werk, dem monströsen Zweiteiler Iwan der Schreckliche (1943-45). Handelt es sich um eine Verherrlichung der Diktatur oder deren Entlarvung? Warum nicht beides zugleich? Eisenstein hatte die berüchtigten Schauprozesse der dreißiger Jahre körperlich unbeschadet überstanden, aber einige seiner engsten Freunde und Mitarbeiter waren ermordet worden. Eine radikale Säuberung im eigenen Land führt auch Iwan der Schreckliche durch, und der Film stellt diese Säuberung als Heldentat hin. Eisenstein war begeisterter de Sade- und Dostojewskij-Leser, ein klein wenig muss er Stalins Grausamkeit also auch bewundert haben. „Iwan“ ist ein ambivalenter Film, mit dem Eisenstein gegen seine eigenen Dogmen verstieß. Statt mit Laien arbeitete er mit ausgebildeten Schauspielern vom Moskauer Künstlertheater, und statt hektischer Montage bot er seinem Publikum elegante Kamerafahrten durch sündhaft teure Dekorationen. (Beide Teile am Dienstag und Mittwoch im Filmkunsthaus Babylon Großer Saal)

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Über eine andere Säuberung, die ebenfalls Millionen Menschenleben gekostet hat – die Kollektivierung der Landwirtschaft – drehte Aleksandr Medwedkin 1934 den liebenswerten Groteskfilm Das Glück . Die Hauptfigur, ein Bauer, trägt chaplineske Züge, aber während der amerikanische Tramp ein Außenseiter bleibt, findet der sowjetische Bauer sein Glück im Kollektiv. Aus finanziellen Gründen musste damals stumm gedreht werden; der Film läuft daher mit Live-Begleitung. (Sonntag im Filmkunsthaus Babylon Großer Saal)

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