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Kultur: Der Blick des anderen

Herr Etgar, vor mehr als zwei Jahren wurde in Jerusalem ihr „Museum On The Seam“ eröffnet. Was ist das Konzept dieses Hauses?

Herr Etgar, vor mehr als zwei Jahren wurde in Jerusalem ihr „Museum On The Seam“ eröffnet. Was ist das Konzept dieses Hauses?

Wir bieten im Museum, das auf der Grenze zwischen dem arabischen Ost- und dem jüdischen West-Jerusalem steht, Sichtweisen an und Wege, miteinander zu leben. Wir wollen Offenheit herstellen. Solche Brücken zu bauen, dauert manchmal Jahre, manchmal reicht ein Augenblick, um sie wieder einzureißen. Wir beschäftigen uns aber nicht nur mit dem Nahen Osten, sondern auch mit anderen Konflikten. Wir zeigen zum Beispiel, wie das Problem des geteilten Berlin ohne einen Schuss gelöst wurde.

Ist es möglich, in Zeiten palästinensischer Selbstmordattentate und israelischer Militäraktionen über Vertrauen zu reden?

Der Terror ist die Folge von Frustration und der Unfähigkeit, die Bedürfnisse des anderen zu erkennen. Das Museum möchte die Sicht der jeweils anderen Seite zeigen; wir wollen alle Menschen erreichen, auch die Araber. Wir zeigen, was aus Strategien derer entsteht, die keine Kompromisse wollten. Die Besucher durchlaufen zwölf Stationen, wo sie mit harten Ereignissen konfrontiert werden. Am Ende können sie im Konferenzraum über das Gesehene diskutieren.

Ihre Ausstellung unter dem Titel „Coexistence“ tourt durch die ganze Welt.

Das Museum ist sehr klein. Deshalb vergrößern wir die Bühne. Wir haben weltweit etwa 200 Designer gebeten, Poster zum Thema „Coexistence“ zu entwerfen. Die israelischen und palästinensischen Medien bieten kaum positive Ansätze, um die wir uns aber bemühen.

Kunst statt Politik?

Kunst kann die Meinung der Menschen nicht ändern. Aber die Reaktionen auf unserer Tournee machen uns Mut. Wobei wir in jeder Stadt andere Unterstützer und Sponsoren haben. In Berlin ist es die Dresdner Bank. Außerdem beziehen wir die Bevölkerung mit ein und werden nicht nur die Poster vor dem Reichstag aufstellen, sondern veranstalten eine Podiumsdiskussion, eine Filmreihe und laden Schulkinder am 20.Juni zum „Coexistence-Day“ ein.

Die Ausstellung als „work in progress“?

Wir fügen bei jeder Station Bilder hinzu. Auch in Berlin wird es einen Wettbewerb unter Kunststudenten geben. Die Gewinner können an der Ausstellung teilnehmen.

Was reizt Sie an Berlin als Ausstellungsort?

Wir gehen vor allem in Städte, die Ähnlichkeiten mit Jerusalem aufweisen oder in denen es ungelöste Konflikte gibt. Schließlich ist auch in Berlin wegen der Teilung noch heute Misstrauen, Unverständnis und Intoleranz zu finden.

Coexistence“ machte auch in Sarajewo Station. Dort haben Christen gegen Muslime gekämpft, es gibt eine aktive jüdische Gemeinde. Wie kam die Ausstellung dort an?

Die Spannung, die seit Kriegsende in der Luft liegt, führte zu großer Offenheit. Für die meisten vermittelten die Poster nicht nur ästhetische Botschaften, sondern auch ein Stück Leben.

Wird die Ausstellung auch in der arabischen Welt gezeigt?

Ursprünglich wollten wir die Poster nach Gaza schicken. Mittlerweile käme das einem Selbstmord gleich. Ich bedaure das sehr, freue mich aber, dass wir „Coexistence“ in Um Al-Fahum zeigen werden – der größten arabischen Stadt Israels.

„Coexistence“, vom 10. Juni bis 10. Juli, Pariser Platz. Filmreihe vom 13. 6. bis 11. 7., Arsenal-Kino. Podiumsdiskussion mit Klaus Staeck, Christoph Stölzl, Elisabeth Schweeger, Andres Veiel und Moderator Hellmuth Karasek am 18. Juni, 18.30 Uhr, Dresdner Bank, Pariser Platz

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