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Kultur: Der eiserne Gustav

"Never say never again" - das riet schon Miss Moneypenny ihrem 007.Und selbst ein Lorin Maazel hat sein Wort nur neun Jahre gehalten.

"Never say never again" - das riet schon Miss Moneypenny ihrem 007.Und selbst ein Lorin Maazel hat sein Wort nur neun Jahre gehalten."Er wolle dem neuen Dirigenten (der er nicht geworden war) Zeit geben, intensiv mit dem Orchester zu arbeiten", lies der verschnupfte Maestro damals mitteilen, als er von jetzt auf gleich alle Termine beim Berliner Philharmonischen Orchester nach 32 Jahren Dirigiervergnügen stornierte.Nun, wo pikanterweise Claudio Abbado seine Zusammenarbeit mit dem Orchester als eine endliche bekannt gegeben hat, ist Maazel wieder am Philharmonie-Pult.Und das beim alljährlichen Benefizkonzert des Bundespräsidenten, welches sich - siehe Sergiu Celibidache und Carlos Kleiber - immer mehr zur Rückkehr-Gelegenheit für verlorene oder noch nie in die Arme genommene Söhne anbietet.Vorausgegangen war dem in Maazels Fall freilich ein erstes sich neu Beschnüffeln in Wagners Namen - im Plattenstudio.Was jetzt in sich anschließenden Abonnementkonzerten öffentlich gemacht wird.Synergie nennt man so was.

Durchaus synergetisch ist es auch zu nennen, wenn man den Mahler-Kenner Maazel mit den Mahler-Könnern des BPO zusammenspannt.Das Ergebnis, die 5.Sinfonie cis-moll, klang allerdings sehr nach eisernem Gustav.Perfektion auf der einen und liebenswürdigste Spielbereitschaft auf der anderen Seite, das ergabt eine der brillantesten Orchesterleistungen der philharmonischen Spielzeit.Von Tiefe, Schwermut, Weltzerissenheit, Schmerz und Verzweiflung dieser Musik war nichts zu spüren.Eins zu null für Abbado also.

Lorin Maazel ist der beste Dirigent, den es augenblicklich gibt.Seine Schlagtechnik ist könnerisch und wunderschön anzusehen, lässig beherrscht der seine Musiker, wie ein Feldherr enfesselt er die Klänge und pflügt sich schnittig durch das Notenbad.Doch was hat er mitzuteilen, außer daß Mahlers Musik immer Effekt macht? Kling nicht so romantisch!, scheint er immerzu sagen zu wollen.Ja kein Selbstmitleid, nur ein Mindestmaß an Sentimentalität.Am ehesten versteht sich Maazel wohl als akribisch kühler, kopfgesteuerter Nachzeichner eines architektonischen Plans, wie ihn der Komponist hier für seine formal ausgeglichenste Sinfonie geliefert hat.Schon die Einleitung, energetische cis-moll-Trompetenfanfare - konzise, streng im Tempo gehaltene hohe Streicher - rhythmisch akkurate Celloseufzer, fächert schlichte Linien auf, gönnt sich gar kein Gefühl.Das attaca anschließende "Stürmisch bewegt, mit größter Vehemenz" zeigt in jeder Triole vor allem Gliederung her.Am besten gelingt diese Suche nach Rationalität im Scherzo: überdeutlich sind da Entwicklungen plausibel gemacht, es wird gerafft und beschleunigt, mit viel Spaß an der Koordination, Lust am Klang, Enfesselung der Kräfte.Jede Pause ist da dynamisches Atemholen, kein kontemplatives Innehalten, Zögern, Straucheln gar.Hohe Schule der Orchesterzucht.Im diesseitigen Adagietto geraten Streicherlinien allzu gerade, das Finale pulsiert kontrapunktisch, wird zum Schluß laut und wirkungssicher hochgerissen.Diziplinierter Applaus folgt, was sonst?

Dem vorausgegangen war ein Kuckucksei, das der wieder produktive Komponist Maazel im Philharmonischen Nest plaziert hatte.Seine Musik für Violoncello und Orchester, immerhin vom uraufführungsgestählten Mstislaw Rostropowitsch mit Eleganz, Routine und süffigem Ton dahingebrummelt, bietet allen etwas.Mannigfaltige Stilspielereien vom Blues bis zur Scherzo-Fuge, die keinem zuhörenden Zeitgenossen wehtun, Beschäftigungsmöglichkeiten für den (vom BR-Symphonieorchester mitgebrachten) Solotrompeter, den von "Slawa" oft geküßten Rainer Kussmaul, für Schlagzeug, Cembalo, Klavier, Celesta und Akkordeon.Kappellmeistermusik der gekonnten Art.Es gibt schlimmeres im Konzertleben.Auch angenehmeres.

MANUEL BRUG

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