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Kultur: Der Enzyklopädist

Netzwerk der Wissenschaft: zum 70. Geburtstag des Verlegers Klaus G. Saur

Der Mann ist ein Phänomen. Er hat in seinem Leben – wie er am Ende seiner Erinnerungen bekennt – 8600 Bücher verlegt. Und da Bücher – wie man weiß – ihre Schicksale haben, rechnet er sich zu, ebenso oft in Schicksale eingegriffen zu haben. Dahinter öffnet die originelle Statistik das gewaltige Panorama der Zusammenarbeit mit 7000 Autoren und Herausgebern, von denen er mit 3000 persönliche Beziehungen unterhalten hat. Das Phänomen hat einen Namen: Es heißt Klaus G. Saur.

Die Person selben Namens ist ein Ausbund von Umtriebigkeit, Charme und Erfolg. Denn alles fing an mit einem kleinen Fachverlag, übernommen von seinem Vater, der seinerseits die Hypothek zu tragen hatte, im Dritten Reich Vertreter von Albert Speer gewesen zu sein. Mit lexikalischen, dokumentarischen und bibliografischen Werken ist der Sohn, Abitur und Studium souverän übergehend, einer der Großen der Branche geworden. Als K. G. Saur Verlag operierte er bald weltweit und unterhielt Tochterunternehmen in New York, London und Paris. Großobjekte wie das „Gesamtverzeichnis des deutschsprachigen Schrifttums“ in zwei Abteilungen, je 161 beziehungsweise 150 Bände umfassend, oder das vierbändige „Biographische Handbuch der deutschsprachigen Emigration 1933–1845“ markieren die Breite und Dimension dieser Verlagsarbeit.

Tritt man ihm zu nahe, wenn man ihn einen Hansdampf in allen Gassen nennt? Was das Buch- und Verlagswesen angeht, so ist das die schlichte Wahrheit. Er kennt jeden, und jeder kennt ihn, er war und ist Mitglied oder Ehrenmitglied in den diversen einschlägigen Gremien, Vorständen, Präsidien und Kuratorien und ist Persona grata im Börsenverein, der Standesorganisation des deutschen Buchhandels. Ein vorzüglicher Geschäftsmann ist Saur überdies auch noch. 1987 verkaufte er seinen Verlag an die amerikanische Reed-Gruppe, blieb aber Geschäftsführer. Als er 2004 die Leitung des Verlags de Gruyter übernahm, kaufte er den eigenen Verlag zurück. Mit Saur an der Spitze wurde das alte Berliner Haus zum größten geisteswissenschaftlichen Verlag in Kontinentaleuropa.

Der leidenschaftliche Verleger – als „Traumberuf“ empfindet er sein Metier – ist eine Gestalt mit luftgeisthaften Zügen, sprühend vor Aktivität, beredt und zielstrebig. Sein Berliner Engagement hat ihm neben dem heimischen München einen zweiten Wirkungsort verschafft, den er auch nach dem Rückzug aus dem Berufsleben im engeren Sinn nicht aufgegeben hat. Aber was heißt hier Rückzug? Sein Leben mit dem Buch- und Verlagswesen geht nun ein in seine Ehrenämter – dem Goethe-Institut, bei dem er im Präsidium sitzt, und den Freunden der Staatsbibliothek, deren Vorsitz er vor fünf Jahren übernommen hat. So bleibt der Öffentlichkeit ein brillanter Redner und ein kluger Vermittler erhalten. An diesem Mittwoch wird Klaus G. Saur siebzig Jahre alt.Hermann Rudolph

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