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Kultur: Der erste Einfall

ARCHITEKTUR

Mal flink mit dem Bleistift dahin geworfen, mal akribisch getuscht – die erste Skizze eines jeden Architekturprojekts trägt die Faszination des Zukünftigen in sich. Ein Auftakt, der den Gedanken Form gibt. Auf diese Skizze lässt sich bauen, an ihr kann verfeinert, entwickelt und verworfen werden. Seit Jahren fragt der Berliner Architekt Gernot Nalbach bei seinen Architektenkollegen nach solchen ersten Skizzen, er bittet und bettelt – und kaum einer kann ihm widerstehen. So hat er mittlerweile eine Sammlung auf höchstem Niveau zusammengetragen, die er auch zu Lehrzwecken an der Universität Dortmund einsetzt. Jetzt ist sie in der Galerie Aedes West ausgestellt (S-Bahn-Bogen am Savignyplatz, bis 24. August. Katalog 15 €).

Wer in der Ausstellung eine kunstwissenschaftliche Systematik sucht, wird enttäuscht werden. Doch wer sich auf eine Entdeckungsreise in die Entstehung von Architektur einlässt, wird reich beschenkt. Denn jede Skizze zeigt die gedankliche und bildliche Komprimierung eines Projektes, ehe es sich in den Formen und Normen des Alltäglichen einpassen muss. Die Skizzen zeigen die Handschriften ihrer Verfasser, und zu fast jeder gehört eine Anekdote, wie sie in Nalbachs Sammlung gelangte. Wie beiläufig kommt etwa Daniel Libeskinds Skizze des Jüdischen Museums auf einem Kalenderblatt daher, während Leon Kriers Skizze für „Haus Meyer“ sich in akribischem Feinsinn präsentiert. Von John Hejduk bis David Chipperfield ist hier manche Entdeckung zu machen; so sind auch je ein Blatt von Ludwig Hoffmann und Hans Poelzig zu sehen. Und die Sammlung wächst weiter: So hat die erstaunlich lebendige Skizze eines säulenumkränzten Interieurs von Hans Kollhoff noch gar nicht den Weg bis in den schönen Katalog gefunden.

Jürgen Tietz

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