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Kultur: Der Killer und das Teenie-Girl

Die Idee, auf der dieser Film basiert, ist alt und äußerst dubios: dass Frauen ganz verrückt nach Mördern sind und ihnen in die dunkelsten Hauseingänge folgen, um sie kennen zu lernen, fasziniert von deren Gefahr. Dabei ist der Killer in "Tokyo Eyes" auf den ersten Blick eine eher traurige als bedrohliche Figur.

Die Idee, auf der dieser Film basiert, ist alt und äußerst dubios: dass Frauen ganz verrückt nach Mördern sind und ihnen in die dunkelsten Hauseingänge folgen, um sie kennen zu lernen, fasziniert von deren Gefahr. Dabei ist der Killer in "Tokyo Eyes" auf den ersten Blick eine eher traurige als bedrohliche Figur. Er wird von Shinji Takeda gespielt, der in Japan den Status eines Teenie-Idols genießt und genauso abgemagert aussieht wie die Teenie-Idole bei uns. Dass dieser Killer kurzsichtig ist und ständig daneben schießt, macht ihn erst recht unheimlich. Was will er? Ein Polizist, der nach ihm fahndet, spielt unfreiwillig den Kuppler, denn seiner ausgeflippten kleinen Schwester, der 17jährigen Hinano (Hinano Yoshikawa), gefällt das Fahndungsfoto. Sie begegnet dem Gesuchten in der U-Bahn, verfolgt ihn mit der Videokamera, findet seinen Wohnsitz heraus, verrät ihn aber nicht. Sie sieht, wie er auf andere Leute zielt. Doch ob die Schüsse treffen und überhaupt treffen sollen, bleibt unklar.

Regisseur Jean-Pierre Limosin wollte den Stoff zunächst in Paris ansiedeln, bevor er Tokio als Schauplatz wählte. Er und sein Kameramann Jean-Marc Fabre verstanden kein Wort Japanisch, was für einige Konfusion bei den Dreharbeiten gesorgt haben dürfte. So wie Hinano mit der Videokamera den Mörder sucht, scheinen auch die beiden Franzosen die ihnen fremde Welt erforscht zu haben. Der Film hat nichts von der sterilen Künstlichkeit vieler japanischer Neon-Thriller. Und Hinano Yoshikawa lässt komödiantische Funken schlagen; nie kommt der Gedanke auf, sie interessiere sich aus Masochismus für den Killer. Man muss sie gleich beim ersten Auftritt gern haben, wenn sie lustlos ihre Arbeit in einem Schönheitssalon verrichtet und so tut, als würde sie den Boden fegen. Ihre leicht krächzende Stimme klingt wie die von Verona Feldbusch. Sie ist für den Charme verantwortlich, der von dem Film ausgeht, und gleicht damit die Wehleidigkeit aus, die den Killer kennzeichnet. "Nehmen Sie mich mit", ruft er zwei Männern von der Stadtreinigung zu. "Ich bin auch Müll, ich will entsorgt werden".

Gegen Ende bemüht sich der Regisseur, philosophisch zu werden, und seinem Film geht ein wenig die Luft aus. Doch die spannenden Verfolgungsjagden durch menschenleere Gassen gehören zu den besten ihrer Art und wirken lange über den Kinobesuch hinaus.Babylon A (OmU), Filmkunst 66

Hackesche Höfe

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