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Kultur: Der Kuss des Banderas

Zum 20. Mal gibt es den schwul-lesbischen „Teddy“-Preis. Für manchen Star war es die erste Trophäe

Einen Schwulen spielen? Was vor 15 Jahren noch einen sicheren Karriereknick bedeutet hätte, gilt selbst in Hollywood nicht mehr als Stigma. Bestes Beispiel ist der Australier Heath Ledger. Mit seiner Rolle als schwuler Cowboy in „Brokeback Mountain“ ist er für einen Oscar nominiert und kann sich vor attraktiven Rollenangeboten nicht retten. Dann scheint ja nun alles in Ordnung zu sein, der Homosexuelle an sich ist dort angekommen, wo er immer hin wollte: als Kassenschlager auf der großen Leinwand.

Ein Trugschluss, sagt John Waters. In dem Dokumentarfilm „Fabulous – the Story of queer Cinema“, der im Panorama läuft, erklärt der „Hairspray“-Regisseur das Dilemma: „Mittlerweile ist es so, dass heterosexuelle Schauspieler gerne mal einen Homo spielen, weil sich das gut macht. Aber bekennende homosexuelle Schauspieler haben vor nichts mehr Angst als vor einer Rolle als Schwuler oder Lesbe.“ Wieland Speck, Leiter der Sektion Panorama der Berlinale, schmunzelt über Waters’ Beobachtung: „Genau so ist es“, sagt er, „wenn ein Schwuler einen Schwulen spielt, ist er abgestempelt, dann heißt es: der kann ja nichts anderes.“

Dass John Waters Recht hat, zeigt sich auch beim ersten Teddy-Gewinner. Pedro Almodovár erhielt ihn 1987 für „Das Gesetz der Begierde“, sein Hauptdarsteller war Antonio Banderas. „Er ist als absolut schwule Figur in das internationale Filmbusiness gestartet“, sagt Speck. Es hat seiner Karriere, wie auch der von Heath Ledger heute, nicht geschadet.

Der Teddy wird heute zum 20. Mal verliehen, und weil’s ein Jubiläum ist, hat Festivalchef Dieter Kosslick selbst in die Kasse gegriffen und eine Extra-Filmreihe („Teddy Twenty Tribute“) spendiert. „Da sieht man, welche Entwicklung der Film hinter sich hat“, sagt Speck.

Die erste Teddy-Verleihung war, wie viele gute Ideen, ein spontane. Speck war noch nicht Sektionsleiter des Panoramas, sondern der mittlerweile verstorbene Manfred Salzgeber. Weil die beiden im Buchladen „Prinz Eisenherz“ nächtelang engagiert mit anderen über die Homofilm-Beiträge des Festivals diskutiert hatten, spazierte Speck in den letzten Festivaltagen ins Kaufhaus Wertheim am Ku’damm und kaufte ein paar Plüsch- Teddys. Die Trophäe für den ersten schwul-lesbischen Preis bei einem der großen Filmfestivals war gefunden.

Neben Almodovár erhielt Gus van Sant den Preis für einen Kurzfilm. „Damals kannte die beiden keiner“, sagt Speck. Auch um Ang Lee, den Regisseur von „Brokeback Mountain“, hat sich Speck und das Festival bemüht. In Berlin zeigte er seinen ersten Film überhaupt, und sein erster Spielfilm mit einer homosexuellen Thematik, „Das Hochzeitsbankett“, erhielt einen goldenen Bären als bester Film.

Aber keinen Teddy. Die Jury entschied sich damals für „Wittgenstein“ von Derek Jarman. Dass Ang Lees Film um zwei schwule Cowboys nun nicht auf der Berlinale gezeigt wurde, sondern im vergangenen Jahr in Venedig, nimmt Speck sportlich: „Der Film wurde einfach zur falschen Zeit fertig.“

Die Themen des Homo-Film haben sich geändert. „Der Kampffilm für die gesellschaftliche Anerkennung, wie wir ihn aus den Anfangsjahren des Teddys kennen, gibt es heute so nicht mehr“, sagt er, das Thema sei jedoch immer noch aktuell. Speck nennt das Beispiel Polen. „Dort gibt es einen Präsidenten, der gegen Schwule hetzt und die Polizei schaut zu, wenn Neonazis Homosexuelle verprügeln.“

Ein neuer Schwerpunkt hat sich herausgebildet: Transidentität.Diesmal beschäftigt sich der österreichische Panorama- Beitrag „Tintenfischalarm“ mit dem Thema. Im vergangenen Jahr war es der amerikanische Spielfilm „Transamerica“, der den Publikumspreis gewonnen hatte. Und wieder bestätigt sich John Waters Beobachtung: Für ihre Rolle als Mann-zu-Frau-Transsexueller erhielt Felicity Huffmann eine Oscar-Nominierung als beste Darstellerin.

Die Themen gehen nicht aus, sagt Speck. Stoff genug für viele Teddys.

Teddy-Verleihung ab 22 Uhr im E-Werk, Wilhelmstraße 43, ab 23.30 Uhr Party

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