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Kultur: Der Leinwandkater

Das Nachtleben gilt mit Recht als eher wortarm. Wo es zum Reden meist sowieso zu laut ist, zählen andere Zeichen: Anziehsachen, Gesten, Töne.

Das Nachtleben gilt mit Recht als eher wortarm. Wo es zum Reden meist sowieso zu laut ist, zählen andere Zeichen: Anziehsachen, Gesten, Töne. Fällt dann doch mal ein Satz, so wiegt er doppelt schwer. Ein Trauerspiel sind da meist Konzertankündigungen. Nirgends haben Stilblüten einen besseren Nährboden als hier – von Fußballer-Bekenntnissen und DVD-Hüllentexten einmal abgesehen. Was zum Beispiel soll man von einem Satz wie diesem halten: „Angriff Sensor mischen Rave, Punk & Pop zu einem anarchischem Sounderlebnis, dass live dazu führt, dass sich das Publikum bewegen muss!“ In diesen Worten, die ein Konzert am 1. Juli im Roten Salon (Rosa-Luxemburg-Platz) um 23 Uhr ankündigen, gehen Funktionsprosa und Kausallogik eine Art Zweckehe ein. Doch der erste Eindruck trügt. Ist nicht die sachliche Schlichtheit des Satzes bei näherer Betrachtung geradezu vorbildlich? Was will das Publikum von einem Konzert mehr erwarten, als dass es sich bewegen muss? Notorische Herumsteher sind damit jedenfalls vorgewarnt. Für sie eröffnen sich ohnehin genug Möglichkeiten vor den diversen Fernsehgeräten. Zwar mischen sich im Indoorbereich Unterfüllung, Überhitzung & Übersättigung zu einem archaischen Gruselerlebnis, dass live dazu führt, dass das Publikum die Spiele im Freien sehen muss. Flachbildschirme, Black Boxes und Beamer findet man in Berliner Clubs dieser Tage ohnehin leichter als rauschfreie Musikanlagen oder saubere Zapfhähne. Doch reichen die wenigen Zeilen dieser Kolumne nicht annähernd aus, um eine auch nur annähernd repräsentative Auswahl der Leinwände über den Tanzflächen aufzuführen, geschweige denn, eine vollständige Liste der zu Ballsportstudios umfunktionierten Musikgastronomie.

Gerne hätten wir deshalb hier die Clubs genannt, die kein Spiel übertragen. Nur ist uns bis Anpfiff der Drucklegung keiner bekannt geworden.

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