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Wieder da. Die ersten Besucher im Louvre nach dem Lockdown.

© imago images/IP3press

Der Louvre in Paris ist wieder geöffnet: Besuch bei der Corona Lisa

Der Louvre, das am meisten besuchte Museum der Welt, schrumpft auf Corona-Maß.

Die ersten Besucher bei der Wiedereröffnung am Montag wurden von den Museumsmitarbeitern mit Applaus empfangen. Es ist sicher keine Heldentat, eher eine Geduldsprobe, in Paris in den Louvre zu gehen; momentan nur mit Online-Anmeldung. Aber die Geste zeigt, wie tief der Corona-Lockdown auch in das kulturelle Leben eingeschnitten hat. Leider ist die Seuche in der modernen Menschheitsgeschichte eine Konstante. Die Kunstwerke der Renaissance stammen aus einer Zeit, die mit der Pest vetraut war: Raffael starb daran, vielleicht auch an Malaria oder einer Geschlechtskrankheit.

Im Louvre ist jetzt erst einmal nichts mehr so, wie es vorher war. Und es war ja nicht gut. Statt der bis zu 40 000 Gäste pro Tag sind wegen des Coronavirus’ derzeit maximal 7000 Besucher zugelassen. Sie müssen Masken tragen. Und es sind auch nur zwei Drittel der Ausstellungsfläche zugänglich.

Kunst mit Absperrband

Das klingt nach Entspannung, zumal die ausländischen Touristen noch nicht wieder zurückgekehrt sind, oder nur spärlich. Wer unbedingt zur Mona Lisa will – sie ist natürlich zu sehen –, hat möglicherweise nun mehr Muße. Der Zugang zur Gioconda wird über Absperrbändern geregelt, wie beim Einckecken am Flughafen (wenn sich noch jemand an diese vorzeitliche Gewohnheit erinnert). Punkte am Boden markieren den einzuhaltenden Sicherheitsabstand – der bei Leonardo ohnehin durch Panzerglas gewährleistet ist.

Der Louvre gilt als das meistbesuchte Museum der Welt. Er hat einiges durchgemacht. Die Corona-Schließung erfolgte am 13. März, und bereits im Dezember war der Louvre wegen des lang anhaltenden Generalstreiks dicht. Vor allem die Leonardo-Jubliäumsausstellung zum 500. Todestag war davon betroffen. Die Verwaltung des Louvre geht dieses Jahr von einem Einnahmeverlust von rund 40 Millionen Euro aus.

Wie sieht der neue Tourismus aus?

Corona verändert die Parameter fast überall. Was wäre, wenn sich die Museumsbesucher an die relative Leere und Ruhe gewöhnen. Das saubere Wasser in den Kanälen von Venedig, in denen größeres Meeresgetier gesichtet wurde – ist es nicht das, was viele Menschen insgeheim wünschen? Dass man Kunstwerke betrachten kann, ohne von Menschenmassen erdrückt und herumgeschoben zu werden? Corona funktioniert wie eine Zeitreise. Plötzlich ist man wieder an einem Punkt vor der großen Tourismusinflation. Oft werden die Gäste aus Asien dafür verantwortlich gemacht. Aber ebenso sind es die europäischen Städtereisenden und Billigfliegenden, die Kultur zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor gemacht haben, zumal in Berlin, wo man mit dem Phänomen des „Overtourism“ auch seine Erfahrungen hat.

Overtourism heißt, „ dass ein beliebtes Reiseziel oder eine Sehenswürdigkeit auf unhaltbare Weise von Touristen überrannt wird.“ So hat es der britische Journalist Greg Dickinson für den Collins Dictionary definiert. Das Coronavirus bremst oder verkleinert die Welle. Es wird aber nicht so kommen, dass die Venezianer in ihre Wohnungen zurückkehren, die sie über Tourismus-Plattformen vermieten. Auch in Berlin-Mitte oder Friedrichshain werden Ferienwohnungen nicht ohne Weiteres zu bezahlbaren Wohnungen für Familien mutieren. Zu viele Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und Investitionen hängen von der Tourismusbranche ab.

Aber es ist auch nicht vorstellbar, dass die Welt, in die und in der wir verreisen, komplett zum Zustand zu Jahresbeginn zurückkehrt, als Corona noch eine ferne chinesische Krankheit war. Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein, bewusste Ernährung, all das, was der Neurologe Joachim Bauer hier kürzlich als „hedonischen Verzicht“ beschrieben hat, werden in die Planungen eingehen. Wenn Corona ein zivilisatorischer Betriebsunfall von gigantischen Ausmaßen war und ist, dann muss sich etwas ändern in dem Betrieb. Der Louvre übt schon mal.

Rüdiger Schaper

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