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Von Stimmen gepeinigt. Érica Rivas als Inés.

© Rei Cine SRL, Picnic Producciones SRL

Der Parasit, der liebt: Berlinale-Wettbewerb startet mit feministischem Horrorfilm

Vom Eindringling befallen: Die argentinische Regisseurin Natalia Meta zeigt im Wettbewerb ihren feministischen Psycho-Horrorfilm „El prófugo“.

Von Andreas Busche

„Auf den Mann deiner Träume!“, prostet der Schnulzensänger Leopoldo seiner Affäre Inés (Érica Rivas) zu. Ihr zögerliches Lachen bestätigt, dass der Typ nicht nur eine echte Nervensäge ist, sondern auch ein Kontrollfreak. Es gibt also gute Gründe, warum Inés ihn nicht ihren „Freund“ nennen möchte.

Die Frage hat sich kurz darauf ohnehin erübrigt, weil Leopoldo nach einem nächtlichen Streit – „Jetzt willst du auch noch meine Träume kontrollieren,“ schreit Inés – vom Balkon ihres Hotelzimmers springt. Erst nach zwanzig Minuten ist der Titel von Natalia Metas zweitem Spielfilm zu sehen: „El prófugo“. Der Eindringling.

Leopoldos Worte aber hallen weiter durch den Film der argentinischen Regisseurin, die schon bei ihrem Debüt „Death in Buenos Aires“ (2014) ein Faible fürs Genrekino erkennen ließ. Das traumatische Erlebnis bleibt für die Synchronsprecherin, die auch Mitglied eines Gesangsensembles ist, nicht ohne Folgen.

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Im Aufnahmestudio – sie spricht die weibliche Hauptrolle in einem japanischen Körperhorrorfilm – scheint sie statische Interferenzen zu erzeugen, die Stimmen aus dem Film dringen in ihr Unterbewusstsein vor. Doch niemand, weder ihre Psychiaterin noch ein Neurologe, kann den Ursprung ihrer somatischen Störung verorten. Es hilft Inés nicht, dass ihre dominante Mutter für einige Tage zu Besuch kommt.

Inés verliert zunehmend den Wirklichkeitsbezug

Meta arbeitet mit starken visuellen und akustischen Signaturen; kraftvolle Primärfarben, vor allem blau und rot wie bei Dario Argento, bestimmen ihre aufgekratzten Bilder (Kamera: Barbara Alvarez, ebenfalls eine Thriller-Expertin). Auf der Tonspur setzt Sounddesigner Guido Berenblum desorientierende Störgeräusche und Sinustöne ein, er weiß aber auch die Orgel, das klassische Horror-Instrument, effektvoll zu nutzen. Als Inés mit dem Chor im Konzerthaus probt, unterbricht plötzlich ein tiefes Dröhnen das Ensemble. Es ist aber kein Suspense-Moment, bloß der Organist Alberto (Nahuel Pérez Biscayart) beim Stimmen seines Instruments.

[22.2., 12 Uhr (Friedrichstadtpalast), 20 Uhr (HdBF), 23.2., 15.30 Uhr (Friedrichstadtpalast), 1.3., 17.30 Uhr (HdBF)]

Inés verliert zunehmend den Wirklichkeitsbezug, Traum und Realität werden durchlässiger. Eine Schauspielerin mit offensichtlich schamanischen Fähigkeiten erklärt ihr, dass sie von einem „Eindringling“ befallen sei, der die Kontrolle über sie übernehmen will. Wer aber ist dieses Fremde – ihre Mutter, Alberto, der sich nach einer gemeinsamen Nacht einmal in Luft auflöst oder der Geist Leopoldos, dem „Mann ihrer Träume“?

Meta spielt mit „Intruder“-Motiven, im Horrorkino oft eine frauenfeindliche Vergewaltigungsfantasie. „El prófugo“ erzählt das Eindringen aber nicht ausschließlich als Bedrohung. Inés versucht sich dem Unerklärlichen mit wissenschaftlichen Methoden zu entziehen, muss aber auch ihre eigenen parasitären Begehren erkennen.

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