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Kultur: Der Plüsch-Polizist reitet wieder

Der Sommer ist die Zeit der Festivals. Wer etwas auf sich hält, fährt ins Umland, um sich fernab der Kurfürstendamm-, Kreuzberg- oder Kastanienallee-Touristen und ohne Zaungäste im Grünen an seiner Musik zu erfreuen.

Der Sommer ist die Zeit der Festivals. Wer etwas auf sich hält, fährt ins Umland, um sich fernab der Kurfürstendamm-, Kreuzberg- oder Kastanienallee-Touristen und ohne Zaungäste im Grünen an seiner Musik zu erfreuen. Dementsprechend ausgedünnt erscheint das Nachtleben an einem Sonnabend im August. Gut, dass es noch Rückzugsorte gibt. Einer ist das Lokal Sheriff Teddy im, allem Hype um das Ausgeh-Eldorado am Boxhagener Platz zum Trotz, immer noch eher unhippen Friedrichshain ( Weserstr. 25) .

Halb Tanzcafé, halb Eisdiele, ist der Laden eigentlich ein Erinnerungsort. Der Name ist einem populären DDR-Kinderbuch entlehnt. Benno Pludras Jugendroman aus dem (Ost-)Berliner Kinderbuchverlag spielt in der Zeit vor dem Bau der Mauer. In Ost und West regieren Jugendbanden wie die Gesundbrunnen- oder die Teddy-Bande. Noch spielen sie Indianer in den Trümmerlandschaften, aber das erste schwarze Geld lässt sich am Alex mit geklauten Nylons verdienen. Der ehemalige Schiffsjunge und Leichtmatrose Benno Pludra, 1925 in der Niederlausitz geboren, schrieb Jugendbuch-Klassiker wie „Bootsmann auf der Scholle“, „Lütt Matten und die weiße Muschel“ oder „Heiner und seine Hähnchen“. Aber am populärsten war wohl sein „Sheriff Teddy“. Wahrscheinlich, weil es vergleichsweise unideologisch war und sich in erster Linie als Abenteuergeschichte lesen ließ. Das Problem war aber schon damals erkannt: die sogenannten Halbstarken. Wie aus braven Jugendlichen verderbte Rowdys wurden, das war auch Pludra bekannt: Schuld hatten so genannte Schmöker, Groschenhefte mit Titeln wie „Tarzan“, „El Bravo“ oder eben „Sheriff Teddy“.

Im Friedrichshainer Ostalgie-Lokal liegen deshalb ausreichend Schmöker aller Art bereit, auch das namensgebende Buch ist greifbar. Dazu gibt es hervorragendes Eis und ein kleines, ganz in Leopard gehülltes DJ-Pult, von dem aus gelegentlich halbstarke Klänge ertönen. Nachmittags sieht man im „Sheriff Teddy“ junge Eltern sitzen, die sich vermutlich freuen, wenn ihre Sprösslinge statt der Konsole einmal einen Schmöker der Sorte Tarzan in die Hand nehmen.

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