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Kultur: Der Preis des Schönen

Erst stellte Simon Rattle den Film über die Philharmoniker vor, dann wurde ausgiebig gefeiert

Sich selbst auf der Leinwand zu sehen, ist für Simon Rattle „eine Sammlung all der schrecklichsten Albträume, die ich je hatte“. Das hat er mit Rolling Stone Charlie Watts gemeinsam. Trotzdem wird der Film „Trip to Asia. Die Suche nach dem Einklang“, der mit einem großen mitternächtlichen Fest in der mit Schriftzeichen und Bildern aus Asien schwarzweiß ausgeleuchteten Philharmonie gefeiert wurde, nicht nur unter den glühenden Fans der Berliner Philharmoniker Furore machen. In dem Film geht es um ein menschliches Problem, um den Widerstreit zwischen Ego und Gemeinschaft, und es wird sehr persönlich.

Anfangs sei sich das Orchester der Kameras immer bewusst gewesen, erzählt Simon Rattle. „Aber irgendwann kommt der sehr, sehr gefährliche Moment, wo man die Kameras vergisst.“ Beim Hinflug habe man die Irritation des Orchesters noch gemerkt, erinnert sich Solo-Cellist Olaf Maninger. Der Gefahr der Entmystifizierung stand der Vorteil entgegen, den Künstlern näher zu kommen. „Es gibt schon delikate Kommentare und intime Einblicke in manches Seelenleben.“

„Wir alle haben unsere Dämonen“, sagt Rattle. „Depression, Erschöpfung, Druck. Wie müssen damit fertig werden. Es ist ein wirklich harter Job, und wir sind unglaublich privilegiert, das tun zu dürfen.“ Sogar für den Dirigenten gab es „eine Reihe von Aha-Momenten in dem Film“. Weil natürlich niemand besser weiß, was Kunst verlangt, haben die Philharmoniker dem Regisseur Thomas Grube völlige Freiheit gelassen und nur eine Bedingung gestellt. Vor der Veröffentlichung wollten sie sich das Werk einmal anschauen, um, wie Olaf Maninger erzählte, „zu sehen, ob wir nicht schwerstbeschädigt sind in unserer Intimsphäre“.

Einen ersten Eindruck von der Reise nach innen, der Sehnsucht, über sich hinauszuwachsen, der Begeisterung der Menschen in Asien, gab ein Trailer für alle Gäste, die die Premiere verpasst hatten und nun bis zum Kinostart am 28. Februar warten müssen.

Beim Fest zum Film zierten nostalgisch anmutende Sinalco-Kühlschränke das Philharmonie-Foyer, unter der Decke hing eine Disco-Kugel. Jocelyn B. Smith sang, später legten DJs auf. Niemand musste sich um den Heimweg sorgen bei dieser fürs Philharmoniker-Publikum eher ungewöhnlichen Stunde, denn VW hatte eine Flotte mit Limousinen vorbeigeschickt. Die Gäste waren etwas älter als bei den normalen Berlinale-Partys, stellten sich auch nicht unnötig cool. „Die Berliner Philharmoniker sind das Beste, was wir haben“, strahlte Barbara Monheim, die für diese Nacht ihre Arbeit an einem Kinderprojekt in Kiew unterbrochen hat. Auch CDU-Politikerin Monika Grütters war begeistert: „Ganz toll!“ Unter denen, die am frühen Morgen noch mit leuchtenden Augen durch die Philharmonie flanierten, waren viele jahrzehntelange Konzertabonnenten.

Regisseur Thomas Grube sprach von einer neuen Dimension der Annäherungen an Menschen. „Das Publikum bekommt ein ganz anderes Bild der Philharmoniker, sieht auch die Schattenseiten, die es mit sich bringt, immer so eine Leistung vollbringen zu müssen, sieht, was es bedeutet, sich ständig in die Gemeinschaft einzubringen und gleichzeitig einer der Besten der Welt in seiner Kunst zu sein.“ Elisabeth Binder

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