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Kultur: Der Redliche

Zum Tod des DEFA– Regisseurs Lothar Warneke

Kein Regisseur, der ernst genommen will, dreht einen Arztfilm. Lothar Warneke ließ sich von solchen Regeln nicht abschrecken. Seine erste eigenständige Regiearbeit war „Dr. med. Sommer II“ (1970), und darin passierte alles, was auch sonst in Arztfilmen passiert, nur mit anderen Akzenten. Der 1936 in Leipzig geborene Warneke, dessen Diplomarbeit an der Deutschen Hochschule für Filmkunst schlicht „Der dokumentarische Spielfilm“ hieß, dokumentierte statt zu dramatisieren. Der ehemalige Theologiestudent, der fast Pastor geworden wäre, dann aber aus der Kirche austrat, in einer Baumwollspinnerei arbeitete und schließlich Filmemacher wurde – er interessierte sich weiterhin für Gegenwartsstoffe, bevorzugt aus dem Medizinermilieu.

In „Die Beunruhigung“ (1982) verkörperte Christine Schorn eine Frau, die auf das Ergebnis einer Krebsuntersuchung wartet. Von zwei Tuberkulose-Patienten, der eine Volkspolizist und der andere Vikar, handelte „Einer trage des anderen Last“, der 1988 auf der Berlinale zwei Darstellerpreise erhielt: In der DDR wurde der Film als Plädoyer für mehr gesellschaftliche Freiheit verstanden. Nach der Wende verschwand Lothar Warneke aus der Filmszene, wie viele seiner DEFA-Kollegen. Er war keiner von jenen FernsehRoutiniers, die Unterhaltungsbedürfnisse befriedigten und deshalb schnell Anschluss an die Branche im Westen fanden. Er war aber auch kein Außenseiter wie Horst Seemann oder Rainer Simon. Die bekamen aufgrund ihrer Haltung zwar ebenfalls kaum Arbeit, aber immerhin war ihnen eine kleine Gemeinde sicher.

Lothar Warneke, der jetzt mit 68 Jahren in Potsdam gestorben ist, hat es versäumt, ein Thema zu besetzen. Auf die Konflikte von Ärzten und Theologen besaß er kein Monopol. Seinem Anspruch, die Wirklichkeit einzufangen, ist er gerecht geworden, sein Werk kommt ohne falsche Töne aus. Es ist aber auch frei von unverkennbar eigenen Tönen.

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