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Kultur: Der Schutzengel ist geflogen

Silvio Berlusconi hatte die Nase von den vielen Streitereien voll. So rief er am Donnerstagnachmittag den Ministerrat zusammen und verkündete die Entlassung von Vittorio Sgarbi, Italiens berühmtesten und umstrittensten Staatssekretär.

Silvio Berlusconi hatte die Nase von den vielen Streitereien voll. So rief er am Donnerstagnachmittag den Ministerrat zusammen und verkündete die Entlassung von Vittorio Sgarbi, Italiens berühmtesten und umstrittensten Staatssekretär. Ein angesehener Kunstexperte, der aber nicht nur durch seine Bücher und seine Expertisen auf sich aufmerksam gemacht hat, sondern auch durch zahlreiche Frauengeschichten und ein forsch-loses Mundwerk.

Ziel aller Kritik Sgarbis war in den letzten Wochen sein Dienstherr, Kulturminister Giuliano Urbani. Immer wieder warf Sgarbi ihm vor, unfähig zu sein. In den Medien wurden die Auseinandersetzungen im Kulturministerium fast täglich wiedergegeben. Es wirkte wie ein, so La Repubblica, „Kasperletheater“. So entschied Urbani zum Beispiel, dass Richard Meier eine neue Hülle für den Friedensaltar von Kaiser Augustus errichten soll. Sgarbi aber verjagte den amerikanischen Architekten mit bösen Schimpfworten. Der Minister nominierte einen euen Chef der Biennale in Venedig – sein Staatssekretär bezeichnete diesen als „absoluten Schwachkopf“. In den letzten Tagen kritisierte er Urbani schärfstens, weil dieser per Gesetzesdekret historische Bauwerke in Staatsbesitz verkaufen will.

Mit der Entlassung des unbequemen Sgarbi soll wieder Frieden im Kulturministerium einkehren. Der Kunstexperte will sich aber nicht an eine Uni zurückziehen, um dort zu lehren. Noch Donnerstagabend verkündete er, dass er sich auch weiterhin gegen das Gesetz zum Verkauf historischer Kunstgüter stark machen werde. Nicht ausgeschlossen sei, dass er über kurz oder lang eine „Partei der Kunstschützer“ gründen werde. Eine Idee, die links wie rechts Zuspruch finden könnte. Sgarbis wortreicher Kampf gegen Urbanis geplante Verkaufsaktion von Kulturschätzen hat ihm viele Sympathien eingebracht. Thomas Migge

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