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Kultur: Der Sprung ins Nichts - die "Symphonie Monoton - Silence" mit schlechtem D-Dur

Von seinen monochromen, mit leuchtendem Pigment versehenen Leinwänden schrieb Yves Klein, sie seien "wie Empfänger reiner Sensibilität, das heißt, Emanationen aus dem Geist des Künstlers, ohne jede Intervention durch ein Thema oder ein anderes Hindernis zwischen Schöpfer und Werk." Der Sog ihrer Leere verleiht ihnen eine machtvolle Räumlichkeit, dem Betrachter verschwimmen bald die Bildgrenzen vor den Augen: Das Gemälde wächst über seine Ränder hinaus.

Von seinen monochromen, mit leuchtendem Pigment versehenen Leinwänden schrieb Yves Klein, sie seien "wie Empfänger reiner Sensibilität, das heißt, Emanationen aus dem Geist des Künstlers, ohne jede Intervention durch ein Thema oder ein anderes Hindernis zwischen Schöpfer und Werk." Der Sog ihrer Leere verleiht ihnen eine machtvolle Räumlichkeit, dem Betrachter verschwimmen bald die Bildgrenzen vor den Augen: Das Gemälde wächst über seine Ränder hinaus. Solche Integration des Immateriellen in die Kunst gelingt Yves Klein auch in seinem einzigen musikalischen Werk, der 1947 konzipierten und 1961 in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Louis Saguar niedergeschriebenen "Symphonie Monoton - Silence". Ohne Bezüge zur etablierten Gattung folgt hier einem statischen, für Orchester und zwei Chöre gesetzten D-Dur-Dreiklang eine lange Stille, wobei beider Dauern nicht festgelegt sind. Bei seiner Aufführung mit Orchester "Generation Berlin" im Hamburger Bahnhof wagte Christian von Borries nicht die von Klein überlieferte Proportion von zwanzig Minuten Klang und ebenso langer Stille, sondern gab den Hörern nur etwa vier Minuten, dem zwanzigminütigen Klang nachzuspüren. So wurde die von Valerian Malys Einführungsvortrag geprägte Hörerwartung durchkreuzt und die Stille, wie jede musikalische Darbietung, wenigstens im Nachhinein unberechenbar. Zum anderen bewahrte von Borries die Stille davor, von einer Stille der Präsenz des Verklungenen überzugehen zur Öffnung für die Saal- und Umweltgeräusche.

Dass ich lange nicht mehr ein so schlechtes D-Dur gehört habe wie das, das dieser Stille vorausging, wirft allerdings ein bezeichnendes Licht auf das Ensemble, dem die in kontinuierlicher Zusammenarbeit gewachsene Klangkultur fehlt. "Sehr lebhaft, konzentriert, kontinuierlich", wie sich Klein seine Symphonie wünschte, war die Aufführung nicht. Das changierende Obertonspektrum ließ die brillanten Höhen vermissen, opulente Raumfülle wich matter Flächigkeit, die ungeschickt instrumentierten Hörner erreichten aufdringliche Dominanz. Yves Kleins Sehnsucht nach dem Nichts hatte andere Gründe.Am Sonntag, 20 Uhr sind im Hamburger Bahnhof Auszüge aus dem "6-Tage-Spiel" des Aktionskünstlers Hermann Nitsch zu erleben.

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