Der ultimative Guide zur Frankfurter Buchmesse 2019: Themen, Trends und Gäste der weltgrößten Bücherschau
Alle reden über Peter Handke, auch in Frankfurt. Aber die Buchmesse hat ein buntes Programm zu bieten, vom Gastland Norwegen bis zum Klimawandel.
Es ist der Höhepunkt des Literaturjahrs: Noch bis Sonntag hat die weltgrößte Bücherschau, die Frankfurter Buchmesse, ihre Pforten geöffnet - ab Samstag für alle Besucher. Schon beim Start am Dienstagabend dominierten die politischen Töne, von Außenminister Heiko Maas über die Schriftstellerin Erika Fatland aus dem Gastland Norwegen bis zur frischgekürten polnischen Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, die sich wegen des "Kulturkriegs" in ihrem Land sorgt. Tokarczuk stellte in Frankfurt ihren neuen Roman "Die Jakobsbücher" vor, mit über 1100 Seiten das Opus magnum der Schriftstellerin.
Mit prominenten Gästen wie Denis Yücel, Joachim Gauck und der Extremismusforscherin Julia Ebner sind auch die ersten Messetage von der Sorge um den Rechtsruck, die Einschränkung der Meinungsfreiheit und eine sich spaltende Gesellschaft geprägt. Sascha Lobo gehört ebenfalls zu den prominenten Frankfurter Gästen. Auch für den Buchmarkt werden Literaturblogs und die Community Bookstagram immer wichtiger. Und Jonathan Safran Foer stellt sein Klimaschutz-Buch "Wir sind Klima!" vor.
Auch China, Hongkong und Taiwan sind in Frankfurt vertreten. Während die politische Lage zwischen Hongkong und China derzeit denkbar angespannt ist, existieren ihre Pavillons auf der Buchmesse friedlich nebeneinander. Probleme werden totgeschwiegen.
Aus dem Gastland Norwegen ist neben führenden Politikern auch das Kronprinzen-Paar angereist. Wie Norwegens Buchszene im Wandel begriffen ist, hat Tagesspiegel-Literaturredakteur Gerrit Bartels vor Ort erkundet. Zu den herausragenden Titel aus Norwegen gehört unter anderem der moderne Romanklassiker "Das Eisschloss" von Tarje Vesaas.
Finden Sie hier einen Überblick über unsere Berichterstattung zum Gastland Norwegen:
- Neue Magie in Norwegens Literatur: Zu Gast bei Erik Fosnes Hansen und Erika Fatland
- Karl Ove Knausgård schreibt über den norwegischen Maler Edvard Munch
- Nordische Botschafter: Comics aus Norwegen auf der Buchmesse
- Einer von Norwegens bedeutendster Schriftsteller verehrte Hitler. Wie kam es dazu?
- Die norwegische Autorin Erika Fatland hält die Eröffnungsrede in Frankfurt
- Der Norweger Tarjej Vesaas und sein moderner Romanklassiker "Das Eis-Schloss"
Ein großes Thema auf der Buchmesse ist Peter Handke. Die Frage, ob der zweite in diesem Jahr vergebene Nobelpreis an den österreichischen Schriftsteller wegen seiner Sympathien für den serbischen Diktator Milošević (er hielt dessen Grabrede) moralisch zu rechtfertigen ist, spaltet die literarische Welt. Erst recht, nachdem Buchpreis-Gewinner Saša Stanišić bei seiner Dankesrede am Montag sich unmissverständlich kritisch gegenüber Handke geäußert hatte - und nachdem Handke ein Pressegespräch in Österreich wegen Fragen dazu abbrach.
Hier finden Sie alle Beiträge zu der Diskussion um Handke und Stanišić:
- Stanišić kritisiert in seiner Buchpreis-Rede Peter Handke. Zu Recht, findet Gerrit Bartels
- Die Schwedische Akademie verteidigt den Nobelpreis für Peter Handke
- Handke, Yücel und die Münklers: Raunen und Poltern in den Messehallen
- Regisseur Claus Peymann hält Konflikt um Handke für aufgeblasen
- "Ich komme von Homer": Peter Handke bricht Gespräch mit Journalisten ab
- Was bringt es, sich über Handke zu empören? Man sollte besser nach Syrien schauen, meint die Schriftstellerin Angela Lehner
- Stanišić gewinnt den Buchpreis für "Herkunft" - und kritisiert den Nobelpreisträger
- Ist Peter Handke als Nobelpreisträger unzumutbar? Die Kontroverse verschärft sich
Insgesamt präsentieren in den Messehallen 7500 Aussteller aus über 100 Ländern ihre Neuerscheinungen. Zu den wichtigen Titeln gehören dieses Jahr Valeria Luisellis "Archiv der verlorenen Kinder", ein Flüchtlingsdrama an der amerikanisch-mexikanischen Grenze, Stuart Jeffries Studie über die Frankfurter Schule, "Grand Hotel Abgrund" und Eugen Ruges biografischer Roman "Metropol".
Ein Schwerpunktthema ist die Erweiterung des Erzählens: Virtuelle Realität und künstliche Intelligenz werden erstmals breiter behandelt, während die Comics diesmal eine kleinere Rolle spielen. Das sonst übliche Krisengerede der Branche fällt diesmal verhalten aus.
[Mehr zur Frankfurter Buchmesse 2019 finden Sie auf unserer Themenseite zur Messe.]
Schließlich stellt sich wie bei jeder Buchmesse mit tausenden Titeln die Frage: Sollte man Bücher zu Ende lesen? Unser Pro und Contra zu einem hochmoralischen Dilemma finden Sie in der Donnerstagsausgabe des Tagesspiegel. Und nach der Messe ist vor der Messe. Nachdem sich am Wochenende das Lesepublikum zwischen 170 Lesungen entscheiden kann, winkt schon die Buchmesse 2020. Dann ist Kanada Gastland, Margaret Atwood ist mit ihrem neuen Roman schon in diesem Jahr dabei, nachdem sie für ihren "Report der Magd"-Folgeband "Die Zeuginnen" soeben den Booker-Preis erhalten hat. Tsp