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Kultur: Der Wahrzeichner

Zum Tode des „Eulenspiegel“-Karikaturisten Heinz Behling

„In manchen Ländern“, sagt Roda Roda, „sind Satiriker überflüssig; die Regierung macht sich selbst lächerlich.“ Das leuchtete Heinz Behling immer ein, aber doch nicht so sehr, dass er in blindem Vertrauen den Stift aus der Hand gelegt hätte. Ein bisschen nachhelfen wollte er schon.

Behling, geboren 1920 auf dem Hochplateau des Prenzlauer Bergs, wie er gerne sagte, wurde nach Krieg, langer Kriegsgefangenschaft, Arbeit als Stahlwerker in Hennigsdorf und Studium an der Hochschule für angewandte Kunst in Berlin-Weißensee Mitbegründer der satirischen DDR-Zeitschrift „Eulenspiegel“, deren Erscheinungsbild er mit seinen kraftvollen Blättern prägte wie kaum ein anderer. Zeichnerisch strebte er denMeistern des „Simplizissimus“ nach. Er war ein Überzeugungstäter und betrachtete die Karikatur als Mittel, die absichtsvoll vernebelte Wirklichkeit so weit satirisch zu verzerren, dass sie für den, der sehen wollte, durchschaubar wurde. In diesem Sinne liebten seine Leser ihn als Wahrzeichner.

Ihm fehlte jedes Talent, disharmonische Verhältnisse ranschmeißerisch zu beschönigen. Den machtvollen Ruf nach der positiven Satire kommentierte er sarkastisch mit dem Ratschlag: „Töten, ohne zu verletzen!“ Für die Wirkung seiner Zeichnungen sprechen weniger die Dankschreiben als die Protestbriefe. Agitatoren und Propagandisten waren gleichermaßen enttäuscht von dem deprimierenden Menschenbild, das seine Werke verbreiteten.

Die Frage wurde scharf gestellt und lautete: „Sieht der neue Mensch sooo aus? Ist er nicht doch viel, viel schöner?“ Auf dem Höhepunkt dieser so genannten Verfratzungsdiskussion lehnte ein wachsamer Kulturfunktionär es ab, sich „so eine Karikatur" ins Büro zu hängen, und er begründete dies mit der Bemerkung: „So eine Karikatur wäre der Würde der Abteilung Kultur und meiner Funktion nicht angemessen.“

Behling, den Urteile dieser Güte erfrischten, gab bei solchen Gelegenheiten stets seine optimistische Parole aus: „Zähne zusammenbeißen und lachen!“ Außer Plakaten, Programmheften und Bühnenbildern zeichnete er auch ein Dutzend Kinderbücher, darunter die Klassiker „Teddy Brumm“ und „Alarm im Kasperletheater“; denn er hatte, wie so viele Satiriker, ein Herz für Kinder.

Es fällt auf, dass die Preisverleiher der DDR ihm keine Preise verliehen. Ein Grund mehr für DDR-Historiker, sich gründlich anzusehen, was er zu ihrem Thema gezeichnet und getextet hat. Am Donnerstag ist Heinz Behling mit 82 Jahren in Berlin gestorben.

Der Autor war Redakteur beim „Eulenspiegel“ und hat viele Jahre mit Heinz Behling zusammengearbeitet.

Ernst Röhl

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