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Kultur: Der Widerhaken

Er ist ein ungemein fleißiger Arbeiter und ein ungemein agiler Aussteller, und hat sich mit den Installationen aus Plastikmüll, die er Anfang der achtziger Jahre zeigte, ins Gedächtnis eingeschrieben: Tony Cragg, der mittlerweile auf seinen vollständigen Vornamen Anthony Wert legt.Der 1949 gebürtige Liverpooler lehrt seit 1978 an der Kunstakademie in Düsseldorf und ein Jahr länger noch lebt er in Wuppertal; aber er gehört natürlich der starken Generation britischer Bildhauer der Gegenwart an, wie Richard Long, Richard Deacon oder Anish Kapoor.

Er ist ein ungemein fleißiger Arbeiter und ein ungemein agiler Aussteller, und hat sich mit den Installationen aus Plastikmüll, die er Anfang der achtziger Jahre zeigte, ins Gedächtnis eingeschrieben: Tony Cragg, der mittlerweile auf seinen vollständigen Vornamen Anthony Wert legt.Der 1949 gebürtige Liverpooler lehrt seit 1978 an der Kunstakademie in Düsseldorf und ein Jahr länger noch lebt er in Wuppertal; aber er gehört natürlich der starken Generation britischer Bildhauer der Gegenwart an, wie Richard Long, Richard Deacon oder Anish Kapoor.1988 hat Cragg mit dem Turner-Preis und der Vertretung seines Heimatlandes bei der Biennale von Venedig zwei Gipfel erreicht.Stiller geworden ist es um ihn seither nicht; was daran liegt, daß Cragg immer neue Erfahrungen mit Skulptur zum Ausdruck bringt.Seine jüngste Ausstellung im Münchner Lenbachhaus steckt voller Abwechslungen.Denn die Arrangements aus gefundenen Plastik-Fragmenten der Konsumwelt, die ihn so bekannt und beliebt gemacht haben, würden für ein ganzes µuvre nicht ausreichen, so gern man ihnen erneut begegnet.Daß sich das ganze Farbspektrum mit den häßlichen Teilen von Plastikeimern, -spielzeug, -verpackungen aller Art herbeizaubern läßt, darf auch in München wiederum bestaunt werden.Daneben aber gibt es alle Arten von raumgreifenden Arbeiten.Kompakt und vollkommen abweisend kommt "Stack" von 1985 daher, eine Stapelskultur, die das Prinzip der Fundstücke in dreidimensionaler Form vorführt.Ganz gegensätzlich die durchbrochenen Bronzeskulpturen, organische Formen bildend, von denen eine sich im Garten des Hauses zu räkeln scheint.Geradezu wuchernd schließlich dehnen sich seine Polystrolarbeiten in den Raum hinein, die organische Formen ebenso nachahmen wie von Menschen geschaffene - und, neuerliche Ironie, auch einmal über und über mit Spielwürfeln bekleidet sein können.Strenge Ordnung dann wieder bei "Eroded Landscape", einem Arrangement aus sandgestrahlten Glasbehältern, die farblos auf Glasplatten stehen, die sie wiederum selbst tragen.So sehr übrigens manche Arbeiten zur Berührung verführen: Cragg lehnt solchen Umgang ab.Er setzt auf die optische, nicht die haptische Wahrnehmung.Nicht das Material soll erfühlt, sondern die Widersprüche zwischen Material und Form sollen erkannt werden, ja die Unangemessenheit des Materials im Verhältnis zu Volumen und Anspruch, die den Skulpturen eignen.In den Arrangements aus Plastikmüll macht diese Unangemessenheit lächeln, in den neueren Arbeiten setzt sie sich als Widerhaken ins Auge. BS

München, Lenbachhaus, bis 20.September.Katalog 42 DM.

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