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Kultur: Der wilde, wilde Rest

Jetzt am Berliner Ensemble: Peymanns Inszenierung von Peter Turrinis „Da Ponte in Santa Fe“

Nichts für schwache Nerven! Nach der ausgebuhten und in der Presse ziemlich einhellig verrissenen Uraufführung (siehe auch Tsp. vom 31.7.) fand Claus Peymann Trost beim Götz von Berlichingen: Die Kritiker möchten ihn „am Arsch lecken“, und gegen die „Dummheit des Premierenpublikums“ in Salzburg sei „kein Kraut gewachsen“. Das hat Größe! Das atmet Leidenschaft! Da kann man nur noch erschüttert die Waffen strecken und gratulieren – zur Vertragsverlängerung am Berliner Ensemble und zum Nestroy-Preis, den Peymann demnächst in Wien überreicht bekommt. Und zu der Courage, mit diesem „Da Ponte in Santa Fe“ die Berliner Spielzeit zu eröffnen.

Die Musik ist gut. Die haben sie von Mozart, aus dem „Don Giovanni“, für den der Abenteurer und Bankrotteur, Frauenheld und Weltreisende Lorenzo Da Ponte das Libretto schrieb. Und nun zum Stück. Das ist nicht ganz so gut wie Mozarts Oper und Da Pontes Verse. Peter Turrini fantasiert eine mildtätige Story zusammen, die im Wilden Westen spielt und von den Seelenqualen eines alternden, verkannten und vergessenen Künstlers handelt. Eine sehr österreichische Mixtur aus Selbstmitleid, Nächstenhass, Alte-Männer-Erotik, muffigen Zoten. Ein schmieriger, ein schwieriger Fall.

Man sitzt im Theater und grämt sich, dass man keinen anständigeren Beruf als den des Kritikers gelernt hat. In Santa Fe gibt es übrigens ein Felsen-Opernhaus, mit unbeschreiblichen Tequila-Sonnenuntergängen über dem wüsten Hochland von New Mexico ...

Aber Träumen hilft nicht. Da schlurft Jörg Gudzuhn, Gast vom Deutschen Theater, über die Saloon-Bühne des BE (von Rolf Glittenberg) und leidet: Da Ponte, ein Gruftie mit grämlichen Litaneien. Da zählen stocksteife Mädels einen Can-Can, glubschäugige Bodyguards ballern, dass die Bude kracht, ein falscher Schwarzer besäuft sich. Und da kommt Heribert Sasse als schwitzender, verkrachter Impresario herangerudert. Draußen donnert’s. Der Himmel weint. Und Don Turrini fährt zur Hölle. Rüdiger Schaper

Wieder am 31. 8. sowie am 3. und 24. 9.

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