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Malik von Culcula, der Refugees Company for Crafs and Design, mit einem von ihm entworfenen Stuhl.

© Dmy

Design in Berlin: Überraschungsvasen und Wellpappebetten

Auf dem Gelände des Flughafen Tempelhof startet jetzt wieder das DMY, das International Design Festival: Es gibt einen Schwerpunkt zu „Social Design“ – und die Möglichkeit, schöne Stücke sofort zu erwerben

Eigentlich klingt es nach einer Selbstverständlichkeit. Dass Design immer für Menschen gemacht ist. Und doch geht die „Social Design“-Bewegung weiter. „Es geht nicht um die Produkte alleine, sondern darum, unter welchen Bedingungen sie entstehen“, sagt Isabelle Dechamps von Be able. Das Berliner Start- up-Unternehmen setzt auf Inklusion sozialer Randgruppen und entwickelt zusammen mit Menschen mit Behinderung, Migranten und Sträflingen Design-Stücke wie etwa eine Hängelampe aus Wachs oder die „Vase der Überraschungen“, mit Deckel und mehreren Henkeln.

„Oft wird in Behindertenwerkstätten entweder nicht auf die Fähigkeiten der Einzelnen eingegangen oder es entstehen Produkte, die keiner braucht“, sagt die junge Produktgestalterin. Sie und ihr Team wollen Selbstbewusstsein vermitteln – und ästhetische Stücke fertigen lassen, die marktfähig sind. Das Projekt „Be able“ stellt sich auf dem diesjährigen DMY International Design Festival vor, das am Mittwochabend im ehemaligen Flughafen Tempelhof beginnt. In seiner zwölften Auflage setzt es einen Fokus auf „Social Design“ und bietet neben einer Auswahl von Ideen und Produkten auch ein dichtes Programm an Vorträgen und Workshops. In der zentralen Ausstellung präsentieren sich etwa 500 Aussteller auf 12 000 Quadratmetern, vom jungen Nachwuchstalent über international renommierte Studios und Hochschulprojekte aus ganz Europa, aber auch Südkorea, China oder Ägypten sind dabei. Das Berliner Designbüro Blond und Bieber betreibt eine mobile Werkstatt, die Mikroalgen als natürlichen Textilfarbstoff untersucht, Volkswagen zeigt futuristische Entwürfe für das Auto der Zukunft und vier Studenten sammeln per Crowdfunding noch Geld für das Bett der Generation Y: Aus Wellpappe, zusammenklappbar, lieferbar per Post.

Erstmals können Designstücke oder Studien in der Sektion „Market“ auch direkt erworben werden können. Außerdem gibt es von diesem Jahr an einen regionalen Schwerpunkt. Brandenburg war bisher nicht als Design-Schmelztiegel bekannt, präsentiert sich in diesem Jahr aber als immer ernstzunehmenderer Standort der Kreativwirtschaft, viele Designbüros schätzen das handwerkliche Know-how traditioneller Fachbetriebe und lassen zuarbeiten. Ausgestellt werden in den Hangars zudem die Nominierten für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland, der seit 1969 vom Bundeswirtschaftsministerium ausgelobt wird.

Doch nicht nur auf dem alten Flughafen tut sich was. Das DMY Festival ist Teil der Design Week (26.5.–1.6.), die an zahlreichen Orten in der Stadt Ausstellungen und Veranstaltungen aufbietet. So widmet sich die Niederländische Botschaft Grafikdesignern aus der Heimat, die spanische Landesvertretung zeigt einen Querschnitt jungen Designs von der Iberischen Halbinsel. Das Werkbundarchiv ist Gastgeber für Studenten der Fachhochschule Potsdam, die unter dem Titel „Standby“ beweisen, wie selbstverständlich und unreflektiert mit Geräten im Alltag umgegangen wird. Außerdem laden Studios und Agenturen am Freitag (30.5.) zur „Nachtschicht“ mit Vernissagen und Atelierrundgängen von 19 Uhr bis Mitternacht ein. Erstmals verbindet ein Shuttle-Service die Adressen.

Die Kreativbranche in Berlin professionalisiert sich immer mehr. Aber es gibt auch weiterhin Projekte wie Be able von Isabelle Dechamps. „Beim Social Design geht es nicht um Gewinnmaximierung. Wir verkaufen eher ein Bildungskonzept.“ Und „Vasen der Überraschungen“ mit eigener Geschichte. Ihr Macher Michael Poggemann von den VIA Werkstätten für Menschen mit Behinderung sagt, man könne Verschiedenstes darin verstecken: Gummibärchen. Staatsgeheimnisse. Oder Ehemänner.

Design Week, 26.5. bis 1.6.; DMY Festival, 28.5. bis 1.6., Eröffnung am Mi 19-24 Uhr, Flughafen Tempelhof, Eingang Hangar 6/7, Do-Sa 10-20 Uhr, So 10-18 Uhr, Berlin Design Night, Fr 30.5., 19-24 Uhr

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