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© dpa

Désirée Nick: Talentfrei schön

Désirée Nick feiert mit "Souvenir" eine Trash-Diva. Sie steht als Florence Foster Jenkins auf der Bühne – und singt.

Sie sind Seelenverwandte: Désirée Nick wird in der deutschen Erstaufführung des Broadway-Stücks „Souvenir“ als Florence Foster Jenkins auf der Bühne stehen – und auch singen. Die extravagante Tochter eines Bankiers galt zu ihrer Zeit als schlechteste Sängerin der Welt. 1944 gab sie mit 76 Jahren ein legendäres Konzert in der Carnegie Hall. Die Premiere von „Souvenir“ ist am morgigen Samstag im Berliner Renaissance-Theater.

Florence Foster Jenkins war als Sängerin eher berüchtigt als berühmt. Was reizt Sie an dieser Rolle?

Diese Frau hat es verstanden, sich von ihren bürgerlichen Barrieren zu befreien. Sie war die erste Trash-Diva aller Zeiten. Leute wie Cole Porter und Mae West haben ihr zu Füßen gelegen, weil sie die Grenzen gesprengt hat.

Sie sehen Sie also nicht als Lachnummer?

Überhaupt nicht. Das wäre eine völlig falsche Herangehensweise, diese Figur ins Lächerliche zu ziehen. Sie sang mehr als drei Jahrzehnte. Und das macht man ja nicht, weil man mal drei gute Witze oder einen schnellen Song auf Lager hat. Sie war eine Getriebene, auf der Suche nach Schönheit, nach innerer Schönheit. Leider – und das ist sowohl die Tragik als auch der Schlüssel zur Komik – war sie völlig talentfrei. Sie hatte kein Gehör, keine Stimme und kein Rhythmusgefühl. Aber sie hatte eine enorme Liebe zur Musik und sie hatte das innere Feuer.

Haben Sie zur Vorbereitung Ihren Gesangunterricht intensiviert?

(lacht) Wie Florence Foster Jenkins habe ich seit 25 Jahren unermüdlich Gesangsstunden genommen. Und siehe da: Auch ein Mangel an Stimme wird am Theater gebraucht. Seit Januar nehme ich nun auch Unterricht in Operngesang. Ich werde eine Arie der Königin der Nacht aus Mozarts „Zauberflöte“ singen, weiterhin Arien aus „Rigoletto“, „Norma“, „Bohème“, „Faust“, „Rosenkavalier“ – all das findet sich auf Jenkins’ Platten. Deswegen heißt der Abend „Souvenir“. Mit ihren Schallplattenaufnahmen hat Florence Foster Jenkins uns ein trashiges Souvenir hinterlassen.

Wurde die Musikkritik bereits hellhörig?

Ich habe aus Opernkreisen schon so viele E-Mails bekommen. Die Kunst- und Opernwelt steht Kopf. Und die Vorfreude der Kenner ist gigantisch!

Ist das womöglich ein Wendepunkt in Ihrer Karriere?

Nach meinen vielen Ausflügen ans Theater kann ich nun behaupten: Dies ist die Rolle meines Lebens. Und ich freue mich ganz besonders, dass ich damit endlich einen Fuß in die Oper bekommen habe. Wer hätte das gedacht? In der Mitte meines Lebens werde ich nun doch noch Koloratursopranistin!

Das Gespräch führte Sandra Luzina.

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