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Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen

© Julia Baier

Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und Igor Levit: Pyromanen am Werk

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen und Igor Levit spielen Mendelssohn Bartholdy im Konzerthaus.

Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen gehört zu jenen Ensembles, auf die man sich immer wieder aufs Neue freut: Der nie nachlassende Elan, in eigener Regie mit und auch von Musik zu leben, übertragt sich von der Gründergeneration auf junge Musikerinnen und Musiker, Bildungsarbeit und prestigeträchtige Residenzen gehen längst Hand in Hand. In der Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Paavo Järvi hat sich das Klangprofil weiter geschärft, die Bremer Interpretationen sind frisch und feinnervig, ohne dabei auch nur ein Gramm Erfolgsfett anzusetzen.

Dieses Orchester ist ein Traumpartner für Igor Levit, diesen unbequemen, fordernden Pianisten. Seine motorische Getriebenheit befeuert die geistige Durchdringung der Musik und umgekehrt. Man hat das Gefühl, dabei zu sein, wenn sich neue Klangsynapsen bilden. Was für aufregende Vorzeichen für den gemeinsamen Auftritt im Konzerthaus, in dessen Zentrum die beiden Klavierkonzerte von Felix Mendelssohn Bartholdy stehen.

Das neu erwachte Interesse an dessen Werken geht mit einer deutlich strafferen Grundhaltung gegenüber dem ebenso bewunderten wie belächelten Wunderkind einher. Als wollte man zeigen, dass Mendelssohns Musik belastbar ist und keiner permanenten Charmeoffensive bedarf, um Eindruck zu hinterlassen.

Der perfektionierte Ensembleton droht die Musik zu dominieren

Diese Erwägungen treiben auch die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen um, die dem 2. Klavierkonzert d-Moll anfangs noch einen zart mattierten Klang zugesteht, dann aber immer mehr auf Zackigkeit als auf zu entdeckenden Esprit setzt. Abgezirkelt wirkt das, einem aufgefrischten Klangideal huldigend, dem der poetische Urgrund der Musik beim Anspitzen abhandengekommen scheint. Wenn der Komponist selbst seinen letzten Satz nicht ohne Ironie als „Klavierfeuerwerk“ bezeichnet, dann entdeckt Igor Levit darin eher das Grauen moderner Pyrotechnik samt Dauerschuss-Staccato als kurzlebigem Zauber am dunklen Firmament.

Gerahmt wird Mendelssohn durch Schubert, nicht von letzten Werken, sondern von Kompositionen auf dem Weg, der Ouvertüre im italienischen Stil und der 5. Sinfonie. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen überfrachtet sie nicht mit psychologischem Hördrama, klingt bei aller instrumentalen Souveränität aber auch etwas beliebig. Der perfektionierte Ensembleton droht die Musik zu dominieren. Eine freundliche, aber auch ernüchternde Übernahme.

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