zum Hauptinhalt
Kopf & Zahl. Carla Crameris Plakat soll Werbung für ein Spiel machen.

© Carla Crameri /100 beste Plakate e. V.

Die 100 besten Plakate: Müde? Wach!

Jedes Jahr werden die 100 besten Plakate des deutschsprachigen Raumes gewählt. Und wie jeden Sommer sind sie auch in Berlin zu sehen. Immer dann geht es wieder darum: Was ist eigentlich ein Plakat? Wo verlaufen die Grenzen zur freien Kunst?

Superman fällt aus dem Bild. Auf der hellblauen Fläche ist der abstürzende Comic-Held ganz unten zu sehen. Ein Eyecatcher! Sonst ist nichts drauf auf dem Plakat von Vincenzo Fagnani. Keine Schrift, kein Logo. Wofür es wirbt? Für sich selbst, den Gestalter, der es im Eigenauftrag kreierte. Ist das noch ein Plakat oder schon freie Kunst? Die Fachjury um die Designerin Verena Panholzer steckte auch bei der diesjährigen Ausgabe der „100 besten Plakate“ wieder mitten in der Debatte. Was ein künstlerisch gestaltetes Plakat ist, wo die Grenzen des Mediums liegen und nach welchen Kriterien die eingereichten Kreationen zu bewerten sind, muss immer wieder neu ausgehandelt werden.

1966, als der Wettbewerb in der DDR ins Leben gerufen wurde, sollte vor allem dem politischen Plakat künstlerisch Auftrieb verschafft werden. Davon ist heute nichts mehr zu spüren. 1141 Plakate wurden eingereicht, fast jedes Zehnte ist im Foyer des Kulturforums zu sehen. Anschließend reist die Präsentation weiter nach Nürnberg, Wien und Graz. Ein handliches Buch gibt dem ephemeren Medium Dauer. Eigentlich gehört das Plakat raus, auf die Straße, in die urbane Wildbahn. Da muss es sich durchsetzen können, gegen Reizkonkurrenz aller Art und die schnöde Allgegenwart der Kommerzreklame. Richtige Produktwerbung ist in der Best-Of-Auswahl nur mit Fritz-Cola vertreten. Deren lustige Pendantplakate machen zwei Kronkorken zum Augenpaar, einmal „müde?“, einmal „wach!“.

Ansonsten ist viel Schrift zu sehen. Die Bauhaus-Designer hätten ihre Freude daran, wie aus ein paar Buchstaben und leerer Fläche immer wieder neuer Bildwitz aufblitzt. Gestaucht und gestapelt, zerhackt, verschoben oder aufgebläht bildet die Schrift noch immer Grafikers liebstes Experimentiermaterial. Auch ein Entwurf für den Hamburger Bahnhof ist dabei. Im avancierten Siebdruckverfahren, mit fünf verschiedenen Farbschichten, erstellte das Designerbüro „Cyan“ das schillernde Motivkaleidoskop. Tolle Sache. Nur der Name des Museums in blasser Schrift geht unter. Kein Wunder: Diese Plakatschönheit wurde zum Verkauf im Museumsshop entworfen, nicht für die Litfasssäulen der Stadt.

Foyer des Kulturforums, bis 13. 7.; Di bis Mi, Fr 10 – 18 Uhr, Sa / So 11 – 18 Uhr, Katalog-Jahrbuch 34,80 €.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false