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Die Jury: Nick James, Brigitte Lacombe, Lars Eidinger, Meryl Streep, Clive Owen, Małgorzata Szumowska und Alba Rohrwacher (v. l.).

© REUTERS

Die Berlinale-Jury stellt sich vor: „Wir sind alle Berliner, wir sind alle Afrikaner“

Meryl Streep, der erste Superstar des Festivals, steckt im Jetlag bei der Pressekonferenz der Jury. Locker-luftig geht es trotzdem zu.

Falls es irgendjemandem noch nicht sonnenklar war: Spätestens seit Donnerstagmorgen kann jeder ermessen, warum Dieter Kosslick letzte Woche seine Programmpressekonferenz mit einer Cannes betreffenden Nachricht eröffnete. Das Konkurrenzfestival hatte am selben Tag bekannt gegeben, dass George Miller, mittlerweile 70-jähriger Regisseur der „Mad Max“-Filme, sein nächster Jury-Präsident werde. „Und wir“, fügte der Berlinale-Chef listig bescheiden hinzu, „haben Meryl Streep“.

Natürlich ist Meryl Streep der Scoop, der absolute Berlinale-Hammer.

Kein Vorbeikommen am freundlichverbindlichen Einlasspersonal schon zehn Minuten vor Beginn der Jury-Pressekonferenz im Hyatt Hotel. Überfüllt, heißt es. 350 Leute im Saal. No chance. Wer’s dennoch schafft, muss weite Umwege gehen. Oder beweisen, dass er, überraschend eingeflogen, zu Streeps Familienclan gehört. Oder genauso aussehen wie ihr Yogalehrer. Oder am besten alles zusammen.

Die dreifache Oscarpreisträgerin wirkt verblüffend unglamourös

Wie bitte, Meryl Streep hat gar keinen Yogalehrer?

Andererseits, als dann der erste Begrüßungsjubel verebbt ist, sitzt da, flankiert von drei Frauen (Regisseurin Małgorzata Szumowska, Fotografin Brigitte Lacombe, Schauspielerin Alba Rohrwacher) und drei Männern (Schauspieler Clive Owen und Lars Eidinger sowie Filmkritiker Nick James) zwar der selbst ernannte „Boss“ der Jury. Aber im Jetlag ist die dreifache Oscar-Preisträgerin und 19-fache Weltmeistoscaranwärterin verblüffend unglamourös. Fast familiär. Ein Star zum gemeinsamen Teetrinken auf dem Sofa und zum Plaudern und Aus-dem-Fenster-Schauen (nur hat der Pressekonferenzraum keine Fenster).

Ihre liebsten Filme? Die, in denen ihre Freunde mitspielen. Guckt sie da auf die Leistung ihrer Kolleg(inn)en? Lieber lässt sie sich mitreißen von Geschichten. Eine Maxime? Filme sind „eine emotionale Erfahrung“. Ein Arbeitsprinzip für Berlin? Immerhin dies: „Ich hab’ meiner Jury verboten, sich vorher was über die Filme anzulesen. Na ja, der eine oder andere hat vielleicht mal gespickt. Aber wo es doch heute fast unmöglich ist, noch was völlig Frisches wahrzunehmen …“

Wie recht sie hat, und wie sehr gerade Filmfestivals das im schönsten Fall noch bieten können! Eben wusste noch niemand von diesem Namen, jenem Filmland, und plötzlich sind sie, Ergebnis eines rauschhaften gemeinsamen Entdeckungsprozesses, in aller Munde.

Gleichberechtigung und Inklusion sind Herzensangelegenheit von Streep

Für Pressekonferenzen gilt das allerdings nur sehr bedingt. So muss sich das Podium breiträumig an Quotenfragen abarbeiten. Ein deutscher Journalist fragt, womöglich ernsthaft: „Warum ist kein Schwarzer in der Jury?“ Lars Eidinger blafft: „Das ist doch kein Kriterium!“ Meryl Streep, locker präsidial: „Wir sind alle menschliche Wesen, wir sind alle Berliner, wir sind alle Afrikaner.“

In Sachen Frauen wird die charmant somnambule Jurychefin dann allerdings deutlicher. „Gleichheit und Inklusion“ seien ihr eine Herzensangelegenheit – und, hallo, die Jury sei mit 4 : 3 sogar frauendominiert und damit, wenn wir ihr entspanntes Nuschel-Englisch richtig verstanden haben, head of the gang. Also ganz weit vorn unter den Filmfestivals. Obwohl, in Cannes, um Dieter Kosslicks Orientierungsgröße zu verwenden, haben sie die Zeichen der Zeit inzwischen auch verstanden.

Nur: Wie auffallen im finalen Konsens dieses Berlinale-Warm-up? Małgorzata Szumowska, letztjährige Regie-Bärengewinnerin mit „Body“, hat da eine aparte Idee: „Ich bin eine Frau. Aber Männer mag ich auch.“

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