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Meryl Streep, Berlinale-Jurypräsidentin 2016

© dpa

Die Berlinale und die Gender-Frage: Sammetpfötige Patriarchen

Verantwortung für Frauen bei der Berlinale? Aber ja! Allerdings nur auf Nebenfeldern. Beobachtungen bei der Programmpressekonferenz.

Ob man Meryl Streep vor allem deshalb zur Jury-Präsidentin gemacht habe, weil sie eine Frau ist, will die brasilianische Journalistin sinngemäß wissen. Da kann sie Berlinale-Chef Dieter Kosslick beruhigen. „Wir suchen unsere“ – kurzes Zögern – „Jurypräsidenten sorgfältig aus, und wenn wir Glück haben, kriegen wir die Besten.“

Damit ist es schon mal angepfiffen, das nickeligkeitenreiche Gender-Spiel. Folglich ergänzt Kosslick betont ernsthaft, dass diesmal 112 Regisseurinnen eingeladen seien gegenüber 115 im letzten Jahr, woraus man bitte keinen Negativtrend ableiten möge. Gut gebrüllt, Löwe – oder sollte man sagen: Gut geflüstert, Bär?

Andererseits berührt es bei der Pressekonferenz, in der die Verantwortlichen der Festivalreihen ihre Highlights vorstellen, dann doch merkwürdig, dass veranstalterseits die erste Frauenstimme erst nach einer Stunde erklingt. Stefanie Schulte Strathaus darf aus der ersten Publikumsreihe, nicht vom Podium, das Forum-expanded-Programm vorstellen, dicht gefolgt von ihrer Sitznachbarin Maike Mia Höhne, zuständig für die Kurzfilme. Und die Podiumsfrauen Linda Söffker (Perspektive Deutsches Kino) und Maryanne Redpath (Generation) müssen sich gar noch gedulden, bis Kosslick dem Auditorium seine Leib- und Magensektion Kulinarisches Kino gebührend schmackhaft gemacht hat.

Pädagogisch-poetische Spielwiesen

So sammetpfötig die Festival-Alphatiere sich auch geben mögen, die Berlinale präsentiert sich reichlich patriarchalisch. Frauen als Verantwortliche? Aber ja. Allerdings eher für den filmischen Nachwuchs (Perspektive), für das jugendliche sowie Schul- und Familienpublikum (Generation), für den Kurzfilm und das exotisch Experimentelle (Forum expanded). Mit anderen Worten, für die pädagogisch-poetischen Spielwiesen – da mögen sie ihre Themen noch so erfrischend präsentieren. Die Hauptreihen Wettbewerb (Kosslick), Forum (Christoph Terhechte) und Panorama (Wieland Speck) sowie die Retrospektive (Rainer Rother) bleiben Männersache.

Apropos Wettbewerb: Dort stehen zwei Regisseurinnen 16 Regisseuren gegenüber. Nicht, dass es, streng quotiert, 9 : 9 stehen müsste; die individuelle Qualität jedes Films, nicht die Geschlechtszugehörigkeit seiner – sagen wir’s genderneutral – Produzierenden sollte allein über die Zusammenstellung eines TopProgramms entscheiden. So denkt sicher auch Meryl Streep, die letzthin auf die Frage, ob sie Feministin sei, antwortete: „I am a humanist!“ Und dafür kriegt sie schon mal die Goldene Bärin.

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