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Kultur: Die Berliner Galerie Berinson zeigt Erich Salomons Kunst der Reportage

Der erfolgreiche Presse-Fotograf der Weimarer Republik machte aus der lediglich abbildenden Gebrauchsfotografie ein künstlerisch eigenständiges ReportagemediumFrank Peter Jäger "Wenn Deine Bilder nicht gut sind, dann warst Du nicht nah genug am Motiv", lautet eine bekannte Fotografen-Weisheit. Sie könnte auch von Erich Salomon stammen, einem der erfolgreichsten Presse-Fotografen der Weimarer Republik: Er kannte keine Berührungsängste gegenüber seinen Motiven.

Der erfolgreiche Presse-Fotograf der Weimarer Republik machte aus der lediglich abbildenden Gebrauchsfotografie ein künstlerisch eigenständiges ReportagemediumFrank Peter Jäger

"Wenn Deine Bilder nicht gut sind, dann warst Du nicht nah genug am Motiv", lautet eine bekannte Fotografen-Weisheit. Sie könnte auch von Erich Salomon stammen, einem der erfolgreichsten Presse-Fotografen der Weimarer Republik: Er kannte keine Berührungsängste gegenüber seinen Motiven. Seine fotografische Profession führte ihn 1930 bis ins Hotelzimmer von Marlene Dietrich in Hollywood - es ist vier Uhr morgens, und eine keineswegs schläfrige Dietrich räkelt sich auf dem Bett und telefoniert vergnügt mit ihrer Tochter in Berlin.

Dieses (unverkäufliche) Bild ist eines der Glanzstücke unter den in der Galerie Berinson ausgestellten, zwischen 1928 und 1931 entstandenen Fotografien Erich Salomons. Es sind Original-Abzüge aus den zwanziger und dreißiger Jahren (4500 Mark pro Vintage-Print). Salomon hatte bereits ein Jurastudium, vier Jahre Kriegsgefangenschaft und eine Reihe fehlgeschlagener beruflicher Versuche hinter sich, bevor er 1928 als Fotograf reüssierte. Zu seinem Spezialgebiet entwickelte sich das politische Parkett: Sitzungen von Reichstag und Völkerbund, Treffen von Politikern und diplomatische Empfänge. Da Salomon sicher auftrat und vier Sprachen beherrschte, erlangte er schnell das Vertrauen vieler Politiker und Diplomaten und konnte auf diese Weise auch manchen Blick hinter die Kulissen des Protokolls mit der Kamera verewigen.

Der aus einem großbürgerlich-liberalen Elternhaus stammende Salomon arbeitete sich schnell zu einem der meistbeschäftigten Reporter der "Berliner Illustrierten Zeitung" empor. Daneben zählten zahlreiche in- und ausländische Blätter zu seinen Abnehmern.

Die andere Seite seines Schaffens sind Aufnahmen aus dem gesellschaftlichen Leben, die Salomons Gespür für aussagekräftige Szenen und den Zauber des Augenblicks verraten, etwa im Bild von Benvenuto Hauptmann, dem Sohn Gerhardt Hauptmanns. Benvenuto führte ein behagliches Dandy-Dasein. Salomons in Washington entstandene Aufnahme zeigt, wie er es sich neben der mondänen Mary White auf einem ledernen Divan bequem gemacht hat. Zahlreiche Reisen dieser Art führten Salomon in die USA. Er fotografierte Damen des amerikanischen Ostküsten-Establishment beim Diner oder den Schriftsteller Upton Sinclair, wie er - in Anzug und Krawatte - im Garten seines Hauses sitzt und an einem Drehbuch schreibt. Im Amsterdamer "Concertgebouw" setzt der berühmte Tenor Benjamino Gigli gerade mit geschlossenen Augen zu einer dramatischen Arie an, als Salomon auf den Auslöser drückt.

Beredtes Zeitdokument ist auch das Bild, das der Reporter 1929 vom amerikanischen Zeitungszaren William Randolph Hearst aufnahm. Ein strahlender Hearst im Mittelpunkt der Tafel, umgeben von HollywoodGrößen, die der Milliardär auf seinen Landsitz eingeladen hatte. Die herausgeputzte High-Society ist umgeben von pompösem Tafelsilber, Gobelins und düsteren Möbeln. So trefflich bildete Hearsts Welt nur Orson Welles ab, der den Zeitungsmagnaten einige Jahre später in seinem Film "Citizen Kane" verewigte.

Erich Salomon gehörte zu der Generation von Fotografen, die Ende der zwanziger Jahre durch den in ihren Motiven unmittelbar und ungestellt eingefangenen Augenblick die Pressefotografie revolutionierten. Sie machten aus der lediglich abbildenden Gebrauchsfotografie ein künstlerisch eigenständiges Reportagemedium.

Schon 1933 sah sich Salomon wegen seiner jüdischen Herkunft veranlasst, mit seiner Frau und seinem jüngsten Sohn in die Niederlande auszuwandern. 1942 tauchte die Familie unter. Nach einer Denunziation werden die Salomons verhaftet und nach Auschwitz deportiert, wo sie 1944 ermordet werden.Galerie Berinson, Auguststraße 22, bis 30. November; Dienstag bis Sonnabend 15-19 Uhr.

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