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2016 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main am Stand des Droemer Knaur Verlags.

© Frank Rumpenhorst/picture alliance / dpa

Die Buchbranche und die Lockerungen: Frankfurter Buchmesse hält an Plänen fest

Trotz vieler Unwägbarkeiten: Die Frankfurter Buchmesse plant weiterhin, die Berliner Literaturhäuser bleiben vorerst noch geschlossen.

Auf der Webseite der Frankfurter Buchmesse sieht es aus wie immer, so als wäre das Pandemie-Jahr 2020 eines wie jedes andere. Der Satz „Ideen, die die Welt bewegen“ steht dort zuoberst. Darunter liest man, dass es noch ganze 149 Tage sind bis zum 14. Oktober, da die Messe dieses Jahr beginnen soll, mit der Aufforderung „Planen Sie jetzt Ihren Messeauftritt“.

Und überhaupt:„Auch 2020 haben wir wieder Großes vor“. Immerhin findet sich unter den vielen Hinweisen, was 2020 alles gehen soll, unter einem roten „News“- Reiter ein Statement des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und der Messe zum Coronavirus, beginnend mit dem Eingeständnis, dass „die Organisation der Frankfurter Buchmesse 2020 mit einem hohen Maß an Unwägbarkeiten verbunden“ sei.

Tatsächlich rätselt die Buchbranche seit Wochen, was nun dieses Jahr mit der Frankfurter Buchmesse ist. Warum sie nicht abgesagt wird, so wie beispielsweise das stets Ende September stattfindende Münchener Oktoberfest? Der Grund ist, so hat es Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs vergangene Woche der „Frankfurter Rundschau“ gesagt, dass Börsenverein und Messe gerade viele Nachrichten erhalten würden, „die uns bitten und auffordern: Lasst die Buchmesse unbedingt stattfinden, wir brauchen sie auf jeden Fall“.

Joachim Unseld hat seine Messeparty lange abgesagt

Einen „wahnsinnigen Durst“ gäbe es da, so Schmidt-Friderichs weiter, „viele Marktteilnehmer wollen sie“.
Was nicht verwunderlich ist: Die Absage der Leipziger Buchmesse, der Lit Cologne, des Berliner Literaturfestivals und auch der internationalen Buchmessen machen der Branche zu schaffen, Verlage und Buchhandel leiden wegen der Pandemiemaßnahmen unter Umsatzeinbußen. Doch wie sinnvoll ist es, an der Frankfurter Buchmesse unter den gegenwärtigen Bedingungen festzuhalten?

Man weiß natürlich auch in Frankfurt von den Auflagen und Einschränkungen, die es im positiven Fall der Fälle geben sollte; wie schwer es für ausländische Teilnehmer werden dürfte, zu kommen, sei es aus den USA, aus Russland oder Brasilien, wo Lockerungen nicht in Sicht sind; der FVA-Verleger Joachim Unseld hat seine legendäre Messeparty schon abgesagt. Und auch das Gastland Kanada ist vorsichtig, wie ein Statement

der für den Gastlandauftritt zuständigen kanadischen Regierungsbehörde Canadian Heritage beweist: "Die kanadische Regierung wird die sich rasch entwickelnde Situation in den kommenden Wochen und Monaten weiter beobachten und unsere Teilnahme an der Buchmesse entsprechend der weiteren Entwicklung der Situation auf Grundlage der Einschätzung unserer Experten für öffentliche Gesundheit bewerten."

[Alle aktuellen Entwicklungen in Folge der Coronavirus-Pandemie finden Sie hier in unserem Newsblog. Über die Entwicklungen speziell in Berlin halten wir Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.]

Trotzdem: Man plant, überlegt, bastelt an einer Messeausgabe, wie es scheint, nicht zuletzt digital: „Eine wichtige Motivation der Organisator*innen besteht darin“, heißt es in besagtem Statement, „ein flexibles Modell der Buchmesse zu entwerfen, das es deutschen und internationalen Kund*innen ermöglicht, sich auch später im Jahr noch kurzfristig für eine Teilnahme entscheiden zu können.“ Ende Mai soll es präzisere Informationen geben.

Ab August könnte es draußen im LCB wieder losgehen

Aber nicht nur die Buchmesse schwebt in einer Wolke der Ungewissheit, sondern nach den Lockerungen der letzten zwei Wochen auch viele Literaturhäuser der Republik. In manchen Bundesländern sind Lesungen wieder erlaubt, in Sachsen (mit gar bis zu 1000 Personen), Schleswig-Holstein (50 Personen maximal), Mecklenburg-Vorpommern (bis zu 75 Personen) und Hessen (100 Personen). Doch wie groß muss ein Literaturhaus sein, damit beispielsweise fünfzig Personen mit dem vorgegebenen Sicherheitsabstand bei einer Lesung dabei sein dürfen?

In Berlin wurden Literaturhäuser einerseits vom Senat erst unter „Museen, Gedenkstätten und ähnliche Kultur- und Bildungseinrichtungen in öffentlicher und privater Trägerschaft“ subsummiert, andererseits ein paar Tage später auch wieder nicht – weshalb man im Brecht-Haus für den Mai kleinere Open-Air-Veranstaltungen mit einem Publikum mit maximal 25 Personen plante, um dann abermals nur die Lesungsstreams im Netz anzubieten.

Im LCB hält man sich an die Verordnung des Senats für Theater und Opernhäuser, bis zum 31. Juli geschlossen zu bleiben. Für August nimmt das LCB vorsichtig auch wieder öffentliche Lesungen ins Visier, so Programmleiter Thomas Geiger, zumindest Open air, im Garten zum Wannsee hin.

Ähnlich verhält es sich im Literaturhaus in der Fasanenstraße, Streaming first, bis auf Weiteres. Zumindest Gartenlesungen seien vorstellbar, sagt eine der beiden Leiterinnen des Hauses, Janika Gelinek und spricht immer wieder von „schönen Veranstaltungen“, die man schließlich machen wolle – und was wären solche mit Masken und Abstand? Die Unwägbarkeiten regieren, und so wie gehabt wird im Literaturleben erstmal lange nichts sein.

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