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Krisengespräche. Sasha Waltz.

© dapd

Die Compagnie ist unterfinanziert: Verlässt Sasha Waltz Berlin?

Die Tanzcompagnie von Sasha Waltz ist strukturell unterfinanziert. Gespräche mit dem Senat bleiben aber ohne Ergebnis. Jetzt denkt Waltz darüber nach, Berlin zu verlassen.

Die Choreografin Sasha Waltz denkt darüber nach, Berlin zu verlassen. Sie habe Kontakt mit nationalen und internationalen Partnern aufgenommen, „um einen neuen Standort für eine solide und langfristig tragfähige Situation für ihre Arbeit zu finden“, heißt es in einer Erklärung der Compagnie vom Dienstag.

Die Sache ist brisant, denn innerhalb weniger Stunden antwortete Kulturstaatssekretär André Schmitz: „Die Senatskulturverwaltung weiß um die strukturellen Probleme der Tanzcompagnie ebenso wie um ihre großen Verdienste um den zeitgenössischen Tanz.“ Substanzielle Mehrforderungen seien aber „im Kontext der finanziellen Situation des Haushaltsnotlagelandes Berlin und anstehender schwieriger Haushaltsberatungen zu sehen.“ Gleichwohl sei die Senatskulturverwaltung an einer konstruktiven Lösung interessiert. Man wolle Sasha Waltz in Berlin halten.

Offenbar reden sie aneinander vorbei. Am Montag hatten Sasha Waltz und ihr Manager und künstlerischer Leiter Jochen Sandig Kulturstaatssekretär André Schmitz getroffen. Bei dem Krisengespräch sei leider deutlich geworden, meint Sandig, dass der Senat „keine konkrete und dauerhafte Perspektive zur Lösung der lange bekannten und von der Verwaltung anerkannten strukturellen Probleme der Compagnie anbieten kann“. Die Choreografin sagt: „Berlin ist seit 1992 mein künstlerischer Mittelpunkt und hat mich immer inspiriert. Ich liebe das Berliner Publikum für seine Offenheit, Neugier und Treue. Aber die Diskrepanz zwischen meinen Visionen, den Möglichkeiten und dem Kampf um die Existenzsicherung der Compagnie drängt mich nach 20 Jahren zu dem Entschluss einer vollkommenen Neuorientierung“.

Sasha Waltz & Guests erhalten vom Land Berlin pro Jahr 975000 Euro. Dazu kommen vom Hauptstadtkulturfonds des Bundes 875000 Euro. Damit ist die Compagnie unterfinanziert, ihr Etat beläuft sich auf jährlich vier Millionen Euro. Die Hälfte des Budgets muss unter großem finanziellen Risiko und ohne festen Spielort selbst erwirtschaftet werden, mit nur zwölf fest engagierten Tänzern.

Auch das Staatsballett Berlin sucht nach seiner Zukunft, nachdem Intendant Vladimir Malakhov für 2014 seinen Rückzug angekündigt und der eine oder andere Nachfolgekandidat abgesagt hat. Der Startänzer fühlt sich von der Kulturverwaltung schlecht behandelt. Eine verfahrene Sache: die Künstler irritiert, die Kulturpolitik ideenlos. Und die naheliegende Lösung, mit Sasha Waltz über die Zukunft des Staatsballetts zu sprechen, findet beim Senat keinen Anklang. Dazu sagt Waltz, die mit internationalen Ballettensembles gearbeitet hat und deren Musiktheater-Inszenierung „Matsukaze“ gerade wieder an der Berliner Staatsoper lief: „Die Pflege des klassischen Erbes macht erst im Kontext von Moderne und Gegenwart Sinn.“

Die Probleme können nicht gesondert betrachtet werden. In der Tat herrscht in Berlin Nachholbedarf, was zeitgenössischen Tanz betrifft. Gastspiele großer Produktionen und Ensembles sind auch beim „Tanz im August“ eine Seltenheit, das Publikum muss dafür reisen, und sei es zum Festival „Movimentos“ nach Wolfsburg. Klassisches Ballett und zeitgenössischer Tanz stehen sich auch nicht verfeindet gegenüber, längst gibt es anderswo Compagnien, die beides pflegen. Bloß Malakhov ist stark traditionell ausgerichtet. Antiquiertes Spartendenken führt nicht zum Erfolg.

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