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Kultur: Die Einöde und ihre Prophetin

Georg-Büchner-Preis für Brigitte Kronauer

Die renommierteste deutsche literarische Ehrung, der mit 40000 Euro dotierte GeorgBüchner-Preis, geht in diesem Jahr an die Hamburger Schriftstellerin Brigitte Kronauer. Bemerkenswert ist, dass nach Wilhelm Genazino im vergangenen Jahr mit Kronauer wiederum ein Werk gewürdigt wird, das dem (weiteren) Umfeld der so genannten „Neuen Frankfurter Schule“ zugeordnet werden kann: jener heiter-abgründigen Dichtergruppe, die aus den satirischen Anfängen in den Zeitschriften „Pardon“ und später „Titanic“ längst ein weites Inspirationsnetzwerk gebildet hat.

Dass die Keimzelle Satire nicht nur eine subversive, sondern auch eine metaphysische Gattung ist, zeigt sich bei Eckhard Henscheid, dem Grandseigneur der „NFS“, von Anfang an. Die 1940 in Essen geborene Brigitte Kronauer schrieb in ihrem Essayband „Zweideutigkeit“ (2002), dass Literatur als „metaphysisches Sinnmodell“ nicht durch erbauliche Hinweise oder religiöse Symbolik wirke, sondern „indem sie, ohne ausdrücklich Mitleid, Erbarmen, Menschlichkeit, Liebe zu predigen, eine Welt schafft, die sich bewegt, sagen wir: nach bilateralen Gesetzen“.

Die studierte Germanistin, Soziologin und Pädagogin begann früh mit dem literarischen Schreiben. Für ihren Debütroman ließ sie sich viel Zeit: „Frau Mühlenbeck im Gehäus“ (1980) feierte die Kritik als „vollkommen gelungen“ (Fritz J. Raddatz). Im Roman „Rita Münster“ (1983) zeichnete sich ein Feminismus jenseits des Ressentiments ab. Zusammen mit dem Entwicklungsroman „Berittener Bogenschütze“ (1986) und „Die Frau in den Kissen“ (1990) bildet sich eine Trilogie der stillen Emanzipationen. Im vergangenen Jahr erschienen der Roman „Verlangen nach Musik und Gebirge“ und der Erzählungsband „Die Tricks der Diva“. Die feierliche Preisverleihung findet am 5.November bei der Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt statt. mel

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