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DIE FOTOS DIESER SEITEN: Bunte neue Welt

Rosario, 21. Juni 1978: Der Student Marcos López wird bei der Fußball-WM im Estadio Gigante de Arroyito Zeuge des 6:0-Sieges der argentinischen Nationalmannschaft gegen Peru.

Rosario, 21. Juni 1978: Der Student Marcos López wird bei der Fußball-WM im Estadio Gigante de Arroyito Zeuge des 6:0-Sieges der argentinischen Nationalmannschaft gegen Peru. Doch es ist nicht das Spiel, das ihn fasziniert, sondern es sind die Fotografen drum herum. Wie sie ihre Kameras in Anschlag bringen, blitzschnell die Linsen wechseln, abdrücken. Von da an steht der Berufswunsch des jungen Mannes aus Santa Fe im Nordosten Argentiniens fest. Heute ist López einer der großen Fotografen Lateinamerikas. Seine Bilder wirken so, als ob sich Diego Rivera und Andy Warhol zusammengetan hätten, um die unendlich vielfältige Wirklichkeit Lateinamerikas in epischen Collagen festzuhalten. Beeinflusst von der quietschbunten Welt der Werbung, amerikanischen Comics und der argentinischen Porträtmalerei zeigt er eine moderne Märchenwelt. Immer wiederkehrende Themen der hochartifiziellen, wie Gemälde durchkomponierten Darstellungen: Kommerzialisierung, Hedonismus und Katholizismus – das letzte Abendmahl inszeniert der Künstler etwa als Grillnachmittag.

Während López in seinen Anfangsjahren intensive Schwarz-Weiß-Porträts argentinischer Menschen schuf, wechselte er 1993 zur Farbe. Und wie! Vermeintliche Alltagsszenen kombiniert er mit Symbolen der US-Kultur: Coca-Cola, Hamburger, die Freiheitsstatue. Auffallend oft umgeben sich seine Figuren auch mit argentinischen Konsumprodukten wie Fleisch, Quilmes-Bier oder Waschpulver. Die Menschen wirken dabei ebenso künstlich wie die Produkte – sie könnten aus Marzipan sein, oder aus Wachs. López scheint aus der jüngeren argentinischen Geschichte zu schöpfen. Da ist die katastrophale Amtszeit von Präsident Carlos Menem, der Argentinien mit seiner radikal neoliberalen Politik in den neunziger Jahren in den Abgrund riss und eine Kultur des Konsumismus und der Leere etablierte.

Genauso bedient sich López lateinamerikanischer Mythen und Figuren: von maskierten mexikanischen Ringern über Fidel Castro zu Hugo Chávez und Evo Morales. Die Politiker tauchen dabei immer als Plastikpuppen auf.

„Marcos López“, so der Titel des Fotobandes, dem die Bilder dieser Beilage entnommen sind, zeigt uns eine irre, eklektische Welt, in der alles Pop ist.

Seine Fotos sind noch bis zum 24. November in der Ausstellungshalle der Frankfurter Buchmesse zu sehen.

Marcos López: Marcos López. Ediciones Larivière, Buenos Aires 2010, 232 Seiten, 127 Abbildungen.

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