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Kultur: Die große Wut

Zum Tod der Feministin Andrea Dworkin

Patriarchat und Pornografie, Missbrauch und Diskriminierung, der Geschlechtsverkehr als Ausdruck männlicher Verachtung für das Weibliche: nur einige von Andrea Dworkins Themen. Es war, Mitte der Siebzigerjahre, die Zeit der Diskussionen über sex roles und gender identities, die Zeit der radikalen Auflehnung, eine Zeit, in der Feministinnen als Männerhasser, Sexhasser verteufelt wurden, und gläubig verehrt von ihren Anhängerinnen. Heute, polemisierte die feministische Autorin Elaine Showalter, würden wohl kaum mehr viele Frauen morgens um vier Uhr aufstehen, um das Begräbnis von Andrea Dworkin zu sehen. Die einstige Ikone des Feminismus ist in Vergessenheit geraten. Auch wenn ihre Themen, Pornografie, Missbrauch, Diskriminierung keineswegs erledigt sind: die Zeit des radikalen Kampfes, der großen Wut ist vorbei.

Andrea Dworkin, 1946 in Camden/New Jersey geboren, hat in ihrem Leben nicht viel Glück gehabt – und aus ihren bitteren Erfahrungen einen Lebenskampf gemacht. Als 18-Jährige wurde sie bei einer Antikriegsdemonstration festgenommen und im Gefängnis gedemütigt – ihr Bericht davon ging um die Welt. Später ging sie nach Holland, heiratete dort, doch ihr Mann misshandelte sie. Weil sie „Lohnschreiber“-Tätigkeiten ablehnte, jobbte sie in den USA als Kellnerin, Lehrerin, Empfangsdame, Verkäuferin und Fabrikarbeiterin, bevor sie Assistentin der Lyrikerin Muriel Rukeyser wurde.

1974 schrieb sie mit 27 ihr erstes Buch „Woman Hating“, ein leidenschaftliches Manifest, das Pornografie als Verletzung der Frauenrechte und Anlass für Vergewaltigungen brandmarkte. In Deutschland bekannt wurde sie mit dem Buch „Pornographie. Männer beherrschen Frauen“, das die Zeitschrift „Emma“ für ihre „PorNO“-Kampagne nutzte. Außerdem arbeitete sie an der Ausarbeitung eines US-Gesetzes mit, das Pornografie 1983 als Verletzung der Bürgerrechte von Frauen definierte. Später veröffentlichte sie zwei Romane, die von der Kritik verrissen wurden. Nun ist Andrea Dworkin im Alter von 58 Jahren in Washington gestorben.

Christina Tilmann

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