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"Baumbesteigung" (1980) von Ralf-Rainer Wasse

© Wasser

Die Gruppe Clara Mosch: Schätze in Silberfolie

Die Galerie Barthel+Tetzner feiert das Jubiläum der Künstlergruppe Clara Mosch mit Kunst aus der DDR.

Der Mann heißt nicht Jesus, sondern Michael Morgner. Und er geht nicht auf dem Wasser, sondern ganz profan mittendurch. Um genau zu sein, durchwatet er einen versumpften mecklenburgischen See. Eine schwarz-weiße Fotografie, in einer seltenen Version auf Leinwand gedruckt, zeigt Morgner bei seiner „Seeüberschreitung in Gallenthin“ 1981.

Mit solchen Pleinair-Aktionen machte die Künstlergruppe Clara Mosch Anfang der achtziger Jahre in der DDR und darüber hinaus von sich reden. Heute dient sie als Beispiel für nonkonforme Kunst der DDR. Im Moment ist die Formation Teil der Ausstellung „Hinter der Maske“ im Potsdamer Museum Barberini, das unter anderem das Plakat zur ersten Clara- Mosch-Ausstellung 1977 zeigt.

Eine Ausstellung in der Charlottenburger Galerie Barthel+Tetzner konzentriert sich zum 40-jährigen Gründungsjubiläum von Clara Mosch auf die Kunst aus dem Umfeld der Gruppe. Galerist Gunar Barthel, damals selbst ein Protagonist der Chemnitzer Szene, präsentiert Werke, die von 1977 bis 1982 entstanden, von Clara Mosch-Künstlern, aber auch von befreundeten Malern und Grafikern, darunter so bekannte Namen wie Gerhard Altenbourg oder Hermann Glöckner.

Willkommen war, wer seine Unabhängigkeit bewahren wollte

Die Mitglieder der Gruppe produzierten nicht nur selbst Kunst, sie stellten auch die Werke anderer in ihrer winzigen Galerie im Chemnitzer Vorort Albstadt aus. Die Räume waren Zufluchtsort für alle, die eine Alternative zum Sozialistischen Realismus suchten. Um formale Gemeinsamkeiten ging es nicht. Willkommen war, wer versuchte, trotz des Drucks von außen die eigene künstlerische Unabhängigkeit zu behaupten. Zwei Ausstellungen zu Clara Mosch hat Gunar Barthel in Berlin bereits gezeigt. In seinen Archiven finden sich aber immer noch genug interessante Stücke aus dieser Ära. Dazu gehören signiert Postereditionen, Postkarten und Fotos der Pleinair-Aktionen sowie einige wundervolle Grafikmappen.

Viele Künstler wirkten wegweisend für spätere Generationen

Auch die malerischen und zeichnerischen Einzelpositionen sind sehenswert. Von Thomas Ranft gibt es Collagen auf braunem Packpapier mit getrockneten Pflanzen, Silberfolie und Siegelwachs. Von Claus sind mehrere filigrane, doppelseitige Sprachblätter zu bewundern (6500 Euro), von Gregor-Torsten Schade mehrere Kohle- und Kreidezeichnungen: geisterhafte Figuren schweben in dunkel schraffierten, abstrakten Bildräumen (2400 Euro). Weniger bekannt, aber für nachfolgende Generationen wegweisend sind Klaus Hähner-Springmühl und Wolfram Adalbert Scheffler. Schon Ende der siebziger Jahre hielten diese Individualisten sich nicht an Genregrenzen, arbeiteten mit Musik, Performance, Fotografie und Malerei. Beide hatten ihre Erstauftritte in der Galerie von Clara Mosch. Von Hähner-Springmühl sind zeichenhafte Übermalungen von Fotos und Gemälden in der Ausstellung. Im Gegensatz dazu wirkt das aus wilden gestischen Strichen konzipierte Gemälde „Mecklenburgische Landschaft“ von Max Uhlig (16 500 Euro) fast arriviert, obwohl die abstrakte Landschaftsmalerei des 1937 geborenen Dresdner Malers natürlich ebenfalls große Eigenständigkeit besitzt.

Gunar Barthel eröffnete seine Ausstellung bewusst parallel zu der im Barberini. Ihm und anderen sind dort zu viele der ohnehin bekannten, „staatsnahen“ DDR-Künstler zu sehen – Sitte, Tübke, Mattheuer. Um das Spektrum zu öffnen, hat Barthel selbst Leihgaben ins Barberini gegeben, unter anderem eine monumentale, fünfteilige Übermalungsreihe, die in Folge von Michael Morgners Pleinair-Aktion in Gallenthin entstand.

Das Interesse an der Kunst aus der DDR steigt im Moment wieder. Viele jüngere Menschen kämen, amerikanische Sammler würden aufmerksam, berichtet Barthel. Im besten Fall können die sich der Kunst aus der DDR unvoreingenommener nähern, sich mehr auf die künstlerische Aussage konzentrieren als auf den politischen Gehalt.
Barthel+Tetzner, Fasanenstr. 15, bis 13.1. n. Vereinbarung, www.barthel-tetzner.de

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