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Kultur: Die Halbstarken

Eine Beethoven-Ouvertüre, Bruchs unverwüstliches erstes Violinkonzert und eine Dvorak-Sinfonie – schaut man nur auf die Werke, scheint der Montagabend im Konzerthaus lediglich ein weiteres Fallbeispiel musealer Programmgestaltung zu sein. Tatsächlich aber ist dieses scheinbar konventionelle Programm etwas Besonderes, denn statt der üblichen rund 80 Musiker sitzen diesmal nur halb so viele auf dem Podium.

Eine Beethoven-Ouvertüre, Bruchs unverwüstliches erstes Violinkonzert und eine Dvorak-Sinfonie – schaut man nur auf die Werke, scheint der Montagabend im Konzerthaus lediglich ein weiteres Fallbeispiel musealer Programmgestaltung zu sein. Tatsächlich aber ist dieses scheinbar konventionelle Programm etwas Besonderes, denn statt der üblichen rund 80 Musiker sitzen diesmal nur halb so viele auf dem Podium. 38 Mitglieder hat das Schwedische Kammerorchester , und nach Meinung seines Chefdirigenten Thomas Dausgaard reicht das völlig aus, um den Großteil des klassisch-romantischen Repertoires zu spielen. Schumann etwa, argumentiert er im Beiheft seiner Einspielung der Sinfonien Nr. 2 und 4 (BIS), habe seinerzeit in Düsseldorf auch kein größeres Orchester zur Verfügung gehabt. Die angeblich unausgereifte Instrumentierung der ersten Fassung der Vierten, die Balanceprobleme zwischen Streichern und Bläsern, an denen man bei sinfonischen Orchestern so hart arbeiten müsse – all das sei in der kleineren Besetzung überhaupt kein Problem gewesen. Dausgaard weiß, wovon er spricht. Denn neben seinem Posten beim Schwedischen Kammerorchester dirigiert der Däne hauptsächlich Full-Size-Sinfonieorchester –mit Erfolg: Die Einspielung mit Orchesterwerken seines Landsmanns Carl Nielsen wurde gerade von der britischen Fachzeitschrift „Gramophone“ zur CD des Monats erklärt, und in Deutschland verbindet ihn vor allem mit dem Leipziger Gewandhausorchester eine regelmäßige Zusammenarbeit.

Dass Dausgaard für die Musik von Beethoven bis Dvorak die kleinere Besetzung favorisiert, entspricht allerdings auch seinem Temperament: Er liebt energiegeladenes, rhythmisch markantes Spiel und klare Linien. Sein Bild der klassisch-romantischen Sinfonik ist licht und aufgeräumt und erinnert an die nüchterne Eleganz skandinavischen Designs. Ein Ansatz, der auch den großen romantischen Konzerten wieder die Proportionen zurechtrückt: Statt gegen eine erdrückende Phon-Übermacht ankämpfen zu müssen, bekommt der Solist die Möglichkeit zum kammermusikalischen Dialog. Und wenn Frankreichs Stargeiger Renaud Capuçon am Montagabend diese Chance nutzt, wird vielleicht sogar Bruchs Violinkonzert zu großer Musik.

Jörg Königsdorf

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