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Kultur: Die Kämpferin

Zum Tod von Jenny Gröllmann

Vor wenigen Wochen errang sie im Streit um ihr Verhältnis zur Staatssicherheit der DDR noch einen Sieg. Die Schauspielerin Jenny Gröllmann ließ ihrem Ex-Mann und Kollegen Ulrich Mühe gerichtlich verbieten, sie als IM zu bezeichnen. Dafür, so hieß es, gebe es Verdachtsmomente, keine Tatsachen. Ihr anderer Kampf hat nun mit einer Niederlage geendet. Am Mittwoch, wie in einem Teil unserer Auflage berichtet, erlag sie mit 59 Jahren dem Krebsleiden, das sie 2005 gezwungen hatte, ihre letzte Rolle in der ARD-Telenovela „Sturm der Liebe“ aufzugeben. Beide Bedrohungen schien sie längst im Griff zu haben. Eine erste Chemotherapie 1999 hatte ihre Krankheit zurückgedrängt, und die Stasi-Vorwürfe, die 2001 erstmals in der Zeitschrift „Superillu“ durch Akten der Gauck/Birthler-Behörde auftauchten, hatten für sie keine Konsequenz. Erst als Ulrich Mühe im Umfeld des Filmes „Das Leben der Anderen“, in dem er einen Stasi-Offizier spielt, ausholte und seine geschiedene Frau angriff, kämpfte sie um ihren Ruf.

Mühe war – nach der Ehe mit dem Regisseur Michael Kann – Gröllmanns zweiter Mann, und sie blieb sechs Jahre lang mit ihm verheiratet – bis 1990. Mit ihm spielte sie in Hermann Zschoches „Hälfte des Lebens“ die vermutlich beste Rolle ihres DEFA-Lebens: sie als Bankiersfrau Susette Gontard, er als der Hauslehrer und Dichter Friedrich Hölderlin, der in ihr seine geliebte Diotima erblickt. Die künstlerische Heimat war für die gebürtige Hamburgerin, die mit zwei Jahren nach Schwerin übersiedelte, allerdings das Theater. 26 Jahre lang, im Anschluss an ihre Ausbildung an der Berliner Schauspielschule Ernst Busch, war sie Mitglied im Ensemble des Maxim-Gorki-Theaters, wo sie 1967 ihr Debüt als Hausmädchen in Ibsens „Nora“ gab. Im selben Jahr konnte man sie auch zum ersten Mal in Ulrich Theins „Geschichten jener Nacht“ auf der Leinwand sehen.

Die Wende überstand sie mit Bravour als Seriendarstellerin. Rollen wie die Anwältin Isenthal in der ARD-Serie „Liebling Kreuzberg“ und Auftritte in Folgen von „Polizeiruf 110“ oder „Unser Lehrer Doktor Specht“ machten sie auch jenseits der alten Grenze bekannt. Auch privat ließ sie sich nicht entmutigen und fand in dem Filmarchitekten Claus-Jürgen Pfeiffer eine neue Liebe und ihren dritten Mann. Ihr Pech blieb, dass sie bis zuletzt wegen außerkünstlerischer Umstände Schlagzeilen machte. Ihr Ehrgeiz aber war es, darin kein Schicksal zu sehen. „Ich muss das zu Ende bringen – meinetwegen bis zum Tod“, erklärte sie vor kurzem dem „stern“. Das hat sie mit ihrer Zähigkeit geschafft. dotz

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