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Kultur: Die Linke und der Krieg: Aufbruch als Alternative. Die PDS-Führung will ein neues Grundsatzprogramm - aber es gibt schon drei Entwürfe

Nach seinem Rückzug aus dem Amt des Parteichefs schaute sich Lothar Bisky die Dinge noch drei Monate lang an, dann verzweifelte er endgültig. Es war im Januar 2000, als Bisky auch den Vorsitz der Programmkommission der PDS niederlegte.

Von Matthias Meisner

Nach seinem Rückzug aus dem Amt des Parteichefs schaute sich Lothar Bisky die Dinge noch drei Monate lang an, dann verzweifelte er endgültig. Es war im Januar 2000, als Bisky auch den Vorsitz der Programmkommission der PDS niederlegte. Die Begründung war deutlich: "Ich habe mich tausend Mal dem semantischen Terror in endlosen Debatten gebeugt. Ich bin jetzt nicht mehr fähig, eine Sache zu verfolgen, die ich kaum noch verstehe."

Es sollte ein Warnschuss sein - und ist doch nur eine Episode geblieben im Ringen der Partei um ein neues Grundsatzprogramm, das die gültige Fassung von 1993 ablösen soll. Seit Jahren streitet die Partei darum, wie sie ihre Konzepte zur Friedenspolitik und Umwelt überarbeiten soll, wie ein neues Verhältnis zur DDR-Geschichte und zum Eigentumsbegriff gefunden werden kann. Erst gab es eine 57-seitige Thesensammlung zum neuen Programm, später "Grundlinien". Und jedesmal Entwürfe, Gegenentwürfe - und viel Streit.

Inzwischen liegen drei Vorschläge für ein neues Grundsatzprogramm vor: Auf dem Bundesparteitag in Dresden wird es darum gehen, ob die von der Vorsitzenden Gabi Zimmer vorgelegte Fassung, die sie gemeinsam mit einer Vordenker-Riege der Partei verfasst hat, zur alleinigen Arbeitsgrundlage der künftigen Debatten gemacht wird. Die Reformer wollen erreichen, dass die beiden Alternativ-Entwürfe ad acta gelegt werden - und wettern vor allem gegen das Konzept, das von West-Genossen sowie Vertretern der Kommunistischen Plattform und des Marxistischen Forums vorgelegt wurde. "Rückzieher in kommunistisches Gedankengut" werde sich die PDS nicht leisten können, sagt Thomas Falkner, in der Parteizentrale für Grundsatzfragen zuständig. Eine herbe Niederlage für die Führung wäre es, wenn - wie vom linken Flügel verlangt - alle drei Entwürfe in der Debattier-Runde bleiben.

Im Leitantrag für Dresden kommt die Führung den Kritikern weit entgegen. Es gehe nicht um einen Bruch mit dem Sozialismus, sondern um den "fortgesetzten Aufbruch". Kein Satz sei tabu, "kein Inhalt soll schnell fixiert werden". Auch beim Zeitplan hat der linke Flügel die Reformer ausgebremst: Erst nach der Bundestagswahl soll das neue Programm verabschiedet werden. Den Entwurf dafür wollen die Reformer nur dann noch im Jahr 2002 veröffentlichen, wenn sie im Wahlkampf damit, wie einer von ihnen sagt, "noch ein Pünktchen machen" können.

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