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Ein Stapel Bücher liegt auf einem Verkaufstisch in einer Buchhandlung.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Longlist Deutscher Buchpreis 2022: Mit Heinz Strunk ganz tief in Deutschland

Wieder sehr groß und vielfältig und stoffhaltig, die Welt der deutschsprachigen Literatur: Die Longlist des Deutschen Buchpreises.

„Die Welt ist groß und Rettung lauert überall“, so heißt der Debütroman des Schriftstellers Ilija Trojanow, der es nicht zu Buchpreis-Ehren brachte, allein weil es 1996, da dieser Roman erschien, weder einen Preis der Leipziger Buchmesse (dessen zweiter Titelträger Trojanow dann mit seinem „Weltensammler“ war) noch einen Deutschen Buchpreis gab.

Der Titel passt wunderbar zu der alljährlichen Verkündung der zwanzig Romane zählenden Longlist für den Deutschen Buchpreis, denn die Welt der deutschsprachigen Literatur, sie ist groß, wenn nicht riesengroß. Und wo, wenn nicht in der Literatur, könnte die Rettung vor der vielen Unbill unserer Gegenwart liegen?

So feiert denn die diesjährige Jury auch wieder die Vielfalt ihrer Auswahl, die Vielfalt der Stoffe, ob es um Herkunft, Identität oder die Perspektiven eines gütlichen Miteinanders geht. Die großen Fragen unserer Zeit, so die Jury-Vorsitzende Miriam Zeh, „sie können sich in der deutschen oder österreichischen Provinz ebenso entfalten wie in Kabul oder Pjöngjang, in einer herannahenden Dystopie oder der real-historischen Ost-Berliner- Vorwendezeit“.

Esther Kinsky ist mit "Rombo" dabei

Viel los also auf der Liste, gerade Bücher aus kleineren Verlagen finden sich, wie jedes Jahr, auf der Longlist. Carl-Christian Etzes Roman „Freudenberg“ über die schillernde Gedankenwelt eines Teenagers aus der Edition Azur ist genauso nominiert wie Slata Roschals „153 Formen des Nichtseins“, erschienen im Homunculus Verlag. Oder Gabriele Riedles Roman „In Dschungeln. In Wüsten. Im Krieg“ über die Arbeit einer Reporterin und eines Fotografen in Afghanistan, Libyen, Liberia und den Dschungeln von Papua-Neuguinea, der in der Anderen Bibliothek herauskommt.

Auch der österreichische Jung und Jung Verlag ist wieder mit einem Titel dabei, Dagmar Leupolds „Dagegen die Elefanten“ – obwohl, wenn gleich noch den kleineren Verlagen zugehörend, Jung und Jung geradezu Abonnementsieger des Deutschen Buchpreises ist, mit Melinda Nadj Abonjis „Tauben fliegen auf“ 2010 und Ursula Krechels „Landgericht“ 2012.

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Ansonsten stehen auf der Longlist die einschlägigen Hansers, Suhrkamps, Rowohlts und Fischers mit ihren Titeln, klar auch Luchterhand, C.H. Beck, KiWi oder DuMont.

Und hier tummeln sich die Favoriten, sagen wir: Esther Kinsky mit ihrem Erdbeben-Roman „Rombo“, Fatma Aydemir mit ihrem bewegend-irritierenden Familienroman „Dschinns“, Daniela Dröscher mit ihrem autofiktionalen, in Annie-Ernaux-und-Édouard-Louis-Tradition stehenden Buch „Lügen über meine Mutter“, Reinhard Kaiser-Mühleckers grandioser Landroman „Wilderer“ oder Eckhart Nickel mit seinem ganz wunderbaren „Spitzweg“-Roman (ach ja, der ist übrigens bei Piper erschienen).

Von Pjöngjang geht es nach Niendorf

An die Favoriten anschließend kommt an dieser Stelle eine weitere same old story, oder besser: same old question. Roman des Jahres? Das kann selbst von den Favoriten kaum jemand für sich beanspruchen, das waren, bei aller Güte, weder Antje Rávik Strubels „Blaue Frau“ vergangenes Jahr noch Anne Webers „Annette, ein Heldinnenepos“ das Jahr zuvor.

Insofern sollten auch „Nebenan“ von Kristine Bilkau, „Kangal“ von Anna Yeliz Schentke, Jan Faktors „Trottel“ oder Anna Kims „Geschichte eines Kindes“ wohlwollend geprüft werden, genauso wie Yael Inokais „Ein simpler Eingriff“, Jochen Schmidts neuer Roman „Phlox“, Marie Gamillschegs „Aufruhr der Meerestiere“, Kim de l´Horizons „Blutbuch“ oder Theresia Enzensbergers „Auf See“.

Jemand vergessen? Nein. Doch, stopp! Andreas Stichmann mit „Eine Liebe in Pjöngjang“ (Nordkorea, war da nicht auch mal Christian Kracht?) und Heinz Strunk mit „Ein Sommer in Niendorf“ (das wäre was als Gewinnertitel, ganz tief und unten in Deutschland).

Die Shortlist wird am 22. September verkündet, den Preis gibt es am 17. Oktober zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse, im Römer. Und dann, schneller als gedacht, ist die Welt der deutschsprachigen Literatur wieder sehr klein.

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