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Kultur: Die lustigen Weiber von Neukölln

Mit dem alten Intendanten ging auch das Glück: Kaum dass sich Peter Lund vor zwei Jahren zugunsten einer Professur an der UdK verabschiedet hatte, schien der Neuköllner Oper partout nichts mehr zu gelingen. Über Jahre als innovativstes Off-Theater der Stadt gepriesen und mit regelmäßiger überregionaler Feuilleton-Aufmerksamkeit bedacht, versank die Etagenbühne in der Karl-Marx- Straße nach dem Weggang des Kreativlotsen augenblicklich in Bedeutungslosigkeit.

Mit dem alten Intendanten ging auch das Glück: Kaum dass sich Peter Lund vor zwei Jahren zugunsten einer Professur an der UdK verabschiedet hatte, schien der Neuköllner Oper partout nichts mehr zu gelingen. Über Jahre als innovativstes Off-Theater der Stadt gepriesen und mit regelmäßiger überregionaler Feuilleton-Aufmerksamkeit bedacht, versank die Etagenbühne in der Karl-Marx- Straße nach dem Weggang des Kreativlotsen augenblicklich in Bedeutungslosigkeit. Inzwischen hat man fast vergessen, dass es sie überhaupt noch gibt – an den U-Bahnhöfen fallen nicht mal mehr die Plakate der Neuproduktionen auf.

Während Lund als Intendant immer für eine ausgewogene Mischung aus zugkräftigen Musicals, Kinderstücken, Barockem und Experimentellem gesorgt hatte und ebenso gescheites wie stadtteilkompatibles Volkstheater machte, fehlte dem Nachfolgeteam offenbar genau dieses Gespür für sein Publikum: Beim Versuch, politisch relevante Gegenwartsstoffe für die Opernbühne umzumünzen, kam meist nur ein biederer Nachklapp ohne musiktheatralischen Mehrwert heraus.

Wer witzig-trashiges Berlin-Theater sehen will, geht inzwischen zu den Wedding-Sitcoms, und in puncto experimentelles Musiktheater hat die Staatsoper in den letzten beiden Jahren mit ihren Magazinproduktionen der Neuköllner Oper den Schneid abgekauft. Da stimmt es nachgerade sentimental, dass seit einer Woche wieder die Produktion Erwin Kannes – Trost der Frauen läuft, mit der Lund im vergangenen Jahr noch einmal an sein altes Haus zurückgekehrt war. Die locker nach Shakespeares „Lustigen Weibern von Windsor“ gestrickte Geschichte um den vollschlanken Jogginghosenträger Erwin, der die frustrierten Frauen in der Mustersiedlung Lettaland becirct, zeigt noch einmal, wofür die Neuköllner Oper in ihrer Glanzzeit stand: für eine humor- und liebevolle Überhöhung des Alltags, für Typen, die nach dem Leben geschnitzt waren und denen Lunds flotte Reime ebenso leicht von der Zunge gingen wie schmissige Songs.

Bis zum 5. August steht das zündende, in Zusammenhang mit Lunds Musical-Studiengang an der Udk erarbeitete, Klassiker-Update jeweils Mittwoch bis Sonntag auf dem Spielplan. Gelegenheit, der alten Neuköllner Oper noch einmal eine Träne nachzuweinen.

Jörg Königsdorf

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