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Kultur: Die Macht ist weiß

Action als Rebellion: ein Gespräch mit dem Hollywood-Star Samuel L. Jackson über seinen neuen Film „S.W.A.T.“

Mr. Jackson, man kennt Sie als indifferenten Killer aus „Pulp Fiction“ oder als undurchschaubaren Waffenhändler aus „Jackie Brown“. In „S.W.A.T.“ dürfen Sie ein alter Polizist sein, der das beste Polizeiteam der USA zusammenstellt und dabei garantiert nicht scheitern wird. Sind Sie berechenbar geworden?

Sagen wir lieber, ich bin jetzt etabliert.

Heißt das, dass Sie sich weniger aufregende Filmrollen leisten?

Mir werden serienweise Rollen wie in „Pulp Fiction“ angeboten. Aber es ist gefährlich, wenn man sich festlegen lässt. Aber Filme wie „S.W.A.T.“ habe ich schon als Jugendlicher gern gesehen. Man darf schnelle Autos fahren und schießen. Das interessiert mich.

Wie entscheiden Sie sich für Mainstream, wie für Independents?

So ausgeklügelt gehe ich damit nicht um. Ich habe keinen Jahresplan. Eigentlich rechne ich mich zu den Independents. Die sind engagierter. Aber man bekommt ja nicht immer das Lieblingsdrehbuch zugeschickt. Ich lese sechs bis sieben Scripts pro Woche.

„S.W.A.T.“ ist ein knallharter Actionfilm. Viele Actionfilme interessieren sich heute nicht mehr für Story und Dramaturgie.

Sicher, es gibt immer mehr Action um der Action willen. Das macht mir aber auch Spaß. Ich mag Filme wie „The Wild Bunch“ oder „Das dreckige Dutzend“.

In François Girards „Die rote Violine“ waren Sie zur Abwechslung ein Geigenbauer.

Europäische Filme sind sehr auf die Charaktere zugeschnitten. Sie vergessen ein bisschen die Story.

Und „S.W.A.T.“ vergisst dafür die Entwicklung der Charaktere?

Nein, die Figuren sprechen auch darüber, wie sie die Welt sehen, was sie über ihren Job denken, über ihr Wertesystem. Das Team rebelliert gegen seinen Vorgesetzten. Es ist eben manchmal nicht das Richtige, das Richtige zu tun.

Sie sind von der Schauspielschule geflogen, weil Sie die Direktoren als Geisel genommen hatten, um das Fach „black studies“ durchzusetzen. Auch einige Ihrer Filme spielen mit dem „Blaxploitation“-Genre der Siebzigerjahre – etwa „Shaft“ oder „Jackie Brown“.

„Jackie Brown“ war eine Hommage an das Blaxploitation-Genre. So wie „Kill Bill“ eine Hommage an das Milieu von Hongkong ist.

Ist die Blaxploitation-Thematik also tot?

Blaxploitation ist immer noch ein modernes Genre. Viele schwarze Schauspieler haben viel Erfolg, denken Sie nur an Denzel Washington. Eine neue Generation von Regisseuren, zum Beispiel John Singleton, drehen zwar Filme, die von Schwarzen handeln, aber es sind keine „Schwarzenfilme“. In den Siebzigern und noch früher hatten diese Filme eine viel politischere Bedeutung. Es war die Zeit der Schwarzenbewegung und ihres Kampfs um Gleichberechtigung. Martin Luther King wurde ermordet, und alle Kinohelden waren konservative Weiße.

In Hollywood redet man neuerdings viel über die „New Black Power“-Bewegung, mit Ikonen wie Halle Berry oder Denzel Washington.

Darüber kann ich nur lachen. Wer von „New Black Power“ redet, hat von den Machtstrukturen Hollywoods kein Ahnung. Diese Leute sehen nur die Millionen-Gagen von ein paar Stars. Die wahre Macht haben aber die Produzenten, und das sind ausschließlich Weiße.

Das Gespräch führte Thomas Thiel.

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