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Kultur: Die Messe schwingt

Sanft wogen die Klavierauszüge in den Händen der Chorsänger. Wie ein Organismus bewegt sich der Berliner Konzertchor während der Missa Solemnis, er klingt auch so.

Sanft wogen die Klavierauszüge in den Händen der Chorsänger. Wie ein Organismus bewegt sich der Berliner Konzertchor während der Missa Solemnis, er klingt auch so. Mit homogenem Klang bringen sie die monumentale Konstruktion ins Schwingen. Zart schweben die leisen Stellen, geben Raum zur Reflexion über den von Beethoven überraschend originalgetreu vertonten Text. Ohne den Rahmen der katholischen Messe wird das Werk zum Oratorium, doch bleibt ein Kern transzendenten Inhalts. Der verinnerlichte Gestus spricht. Auch laute Passagen behalten menschliches Maß.

Chorleiter und Dirigent Jan Olberg hat seine Sänger wohl instruiert, hält auch die Berliner Symphoniker in verlässlichem Griff. Auch in diesem Konzert beweist Berlins billigstes Symphonieorchester seine Qualitäten, besonders in den tiefen Streichern und bei den Holzbläsern. Dabei verfolgt Olberg kein besonderes Konzept. Hier wird kein "historisch informierter" Beethoven zum Ereignis, kein außerordentlicher romantischer Schönklang erzeugt. Stattdessen solide ausmusiziertes Vertrauen in die Tragfähigkeit der Komposition.

Und siehe: Wer den Noten vertraut und adäquate Solisten hat, kann nicht viel falsch machen. Celina Lindsley (Sopran), Renée Morloc (Alt), Michael Rabsilber (Tenor) und Karsten Mewes (Bass) finden in der Missa solemnis ohnehin keine Profilierungsmöglichkeiten, so fügen sie sich in ihr Ensembleschicksal. Einzig im flehenden Rezitativ kurz vor Schluss nimmt der Sologesang dramatische Formen an. Im Dienste des geistlichen Oratoriums, das keines sein will, führt der Chor zum nachhaltigen Hörerlebnis, gerade weil er sich nicht ordinär in den Vordergrund spielt.

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