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Kultur: Die Not steht ihr gut

Noch vor einigen Jahren standen filmische Silvester-Galas in vielen Berliner Kinos auf dem Programm. Jetzt sind sie fast ausgestorben: Übrig geblieben ist eigentlich nur das Filmkunst 66 in der Bleibtreustraße, wo Franz Stadler am Sonntagabend allen Leinwandsüchtigen ein nachtfüllendes Jahresendprogramm anbietet, inklusive Knabbereien und mitternächtlichem Anstoßen (Reservierung unter Tel.

Noch vor einigen Jahren standen filmische Silvester-Galas in vielen Berliner Kinos auf dem Programm. Jetzt sind sie fast ausgestorben: Übrig geblieben ist eigentlich nur das Filmkunst 66 in der Bleibtreustraße, wo Franz Stadler am Sonntagabend allen Leinwandsüchtigen ein nachtfüllendes Jahresendprogramm anbietet, inklusive Knabbereien und mitternächtlichem Anstoßen (Reservierung unter Tel. 030/882 17 53 oder www.filmkunst66.de). Das Programm wird vorher nicht verraten.

Auf einigen der Jahresbestenlisten, mit denen die Filmredaktionen das alte Jahr traditionell zur Strecke bringen, tauchte auch David Frankels „Der Teufel trägt Prada“ auf: ein Film, den die Berichterstatterin eher bei den Langweilern des Jahres 2006 ansiedeln würde. Auch über die schöne bunte Welt der Mode und ihre Emissäre erfährt man wenig, außer dass Lehrjahre eben wirklich keine Herrenjahre sind und es manche Menschen glücklich macht, jeden Tag mit einer neuen Handtasche im Büro zu erscheinen. Erhellender und amüsanter ist da Robert Altmans Prêt-à-Porter , der bei seiner Expedition in die Pariser Haute Couture neben einer langen Liste erlesener Darsteller auch echte Kreateure wie Jean-Paul Gaultier und Issye Myake mit ihren echten Kollektionen und Modellen auftreten lässt. Schön bissig, und auch die Journaille kommt nicht gut weg: Der amerikanische Modeberichterstatter Joe (Tim Robbins) ist so fauldreist, seine Berichte fürs amerikanische TV wörtlich aus dem französischen Fernsehen abzukupfern, weil er sich lieber mit der Kollegin (Julia Roberts) im Bett herumtreibt statt öde Modeschauen zu besuchen. „Prêt-à-Porter“ steht am Dienstag auf dem Programmzettel des Arsenal, das dem im November verstorbenen Altman im Januar eine ansehnliche Werkschau widmet.

Aki Kaurismäki bleibt uns hoffentlich noch eine lange Weile erhalten. Gerade hat er uns mit „Lichter der Vorstadt“ ein neues Kinostück auf den weihnachtlichen Gabentisch gelegt, das seiner Trilogie der Verlierer einen eher hoffnungslosen Abschluss verleiht. Hat sich Kaurismäkis Weltsicht so sehr verdüstert oder ist die Welt selbst so finster geworden? Aber vielleicht leuchtet Wolken ziehen vorüber , die Nummer eins der Trilogie, ja nur deshalb so hell, weil Kati Outinen die Hauptrolle spielt, eine Schauspielerin, die mit einem Lippenzucken Eisberge zum Schmelzen bringen kann. Der Film, diese Woche noch einmal im Blow Up zu sehen, besingt Tapferkeit, Stolz und den Durchhaltewillen der Ausgemusterten und hat dabei nichts vom billigen Zweckoptimismus der Ich-AG-Mentalität. Und am Samstag zeigt das Arsenal mit Chaplins Goldrausch eins der großen Vorbilder des lakonischen Finnen.

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