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Kultur: Die Passion des Ratsherrn

glaubt mehr, als er sieht Seit Jahren treibt René Jacobs ein künstlerischer Herzenswunsch um: Endlich mal wieder eine deutsche Barockoper machen, am besten von Keiser oder Telemann! Seit seinen grandiosen Produktionen von Telemanns „Orpheus“ und Keisers „Croesus“ an der Staatsoper in den neunziger Jahren steht dieser Wunsch im Raum, doch trotz einhelligen Jubels zieren sich die Opernhäuser.

glaubt mehr, als er sieht Seit Jahren treibt René Jacobs ein künstlerischer Herzenswunsch um: Endlich mal wieder eine deutsche Barockoper machen, am besten von Keiser oder Telemann! Seit seinen grandiosen Produktionen von Telemanns „Orpheus“ und Keisers „Croesus“ an der Staatsoper in den neunziger Jahren steht dieser Wunsch im Raum, doch trotz einhelligen Jubels zieren sich die Opernhäuser. Zum Teil, weil sich für diesen deutschen Opernsonderweg nur schwer ausländische Koproduzenten finden lassen. Denn gerade das, was Jacobs an Keiser- und Telemann- Opern begeistert, ihr post-shakespearescher, stark an der Sprache orientierter Theatergeist, steht einer Wirkung über Sprachgrenzen hinaus im Weg. Vor diesem Hintergrund kann man Jacobs’ Konzert mit dem RIAS-Kammerchor am Ostersamstag durchaus als Umleitung verstehen: Wenn er schon keine Oper machen darf, gibt es jetzt wenigstens ein konzertantes abendfüllendes Telemann-Werk: In der Philharmonie steht die Passion über einen Text des gelehrten Hamburger Ratsherrn Barthold Heinrich Brockes auf dem Programm. „Der für die Sünden der Welt gemarterte und gesteinigte Jesus“.

Freilich ist Jacobs nicht der einzige, der die österliche Passions-Hochkultur nutzt, um weniger bekanntes Repertoire zu erschließen. Auch das Deutsche Symphonie-Orchester , das seit einiger Zeit an einem historisierenden Aufführungsstil feilt, hat sich mit Händels Oratorium „La Resurrezione“ eine Rarität erarbeitet und hofft darauf, dass die Philharmonie gleich zweimal, am Ostersonntag und am Ostermontag, voll wird. Mit Andrew Manze steht dabei einer der gescheitesten Musiker der Szene am Pult. Seit einiger Zeit hat sich der Brite zusätzlich zu seiner Karriere als weltweit führender Barockgeiger noch als Dirigent profiliert und leitet das Londoner Kammerorchester The English Concert.

Für all jene, die keine Experimente lieben, gibt es genügend Gelegenheiten, ihren altvertrauten Bach zu hören: Neben etlichen konzertanten Aufführungen in Kirchen und Konzertsälen hat die Deutsche Oper noch einmal Götz Friedrichs szenische Version der Matthäus-Passion (in der Bearbeitung Mendelssohns) herausgeholt (22. und 25.3.). Für die, die nur glauben, was sie auch sehen.

Jörg Königsdorf

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