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Kultur: Die Personen sind einfühlsam gezeichnet, doch die Handlung hat zu viele Nebenschauplätze

Durch einen Flugzeugabsturz kommen Harrison Ford und Kristin Scott Thomas der Untreue ihrer Partner auf die SpurCarla Rhode Ein zerwühltes Doppelbett, daneben ein Tischchen mit Rotweinflasche und zwei Gläsern, von der Kamera mit dokumentarisch genauem Schwenk erfasst. Ein Hinweis, aber worauf?

Durch einen Flugzeugabsturz kommen Harrison Ford und Kristin Scott Thomas der Untreue ihrer Partner auf die SpurCarla Rhode

Ein zerwühltes Doppelbett, daneben ein Tischchen mit Rotweinflasche und zwei Gläsern, von der Kamera mit dokumentarisch genauem Schwenk erfasst. Ein Hinweis, aber worauf? Unmittelbar danach nehmen, in Parallelmontage und unterschiedlichem Ambiente, zwei Paare morgens nach dem Frühstück Abschied voneinander. Dutch (Harrison Ford) will sich mit seiner Frau Peyton (Susanna Thompson) abends in einem Restaurant treffen. Cullen (Peter Coyote) bricht zu einer Geschäftsreise nach New York auf, seine Frau Kay (Kristin Scott Thomas) erinnert ihn noch schnell an den Geburtstag der Tochter. Ehealltag, so scheint es. Aufmerksame Zuschauer werden aber schon jetzt Unstimmigkeiten bemerken. Warum hetzt Peyton wenig später zum Flughafen, warum fliegt Cullen nicht nach New York, sondern nach Miami? Einen Moment lang stehen die beiden sogar nebeneinander am Abfertigungsschalter.

Ein Flugzeugabsturz. Noch ahnen weder Dutch noch Kay, dass ihre Ehepartner ums Leben kamen. Und zwar zusammen - sie hatten ein gemeinsames Wochenende geplant. Betrug und Tod also, und die Hintergangenen wissen nur eins: Da gab es diese Untreue. Dutch, der Polizist, ermittelt in eigener Sache. Was ihn am meisten irritiert: Er hat von dem Verhältnis seiner Frau nichts bemerkt; sein Spürsinn hat im privaten Bereich also völlig versagt.

Schicksal oder Zufall? Dutch und Kay begegnen einander. Meine Frau und Ihr Mann saßen nebeneinander in der Unglücksmaschine, was haben Sie von dem Verhältnis gewußt? Einfühlsam bis in die Details spürt Sidney Pollack dem Erkenntnisprozess seiner Protagonisten nach. Dutch, der seine Frau leidenschaftlich liebte, fühlt sich verraten. Schmerz und Verzweiflung stürzen ihn in eine Paranoia; wie ein Besessener recherchiert er die Geschichte dieses Ehebruchs und versucht, Kay an seinen Nachforschungen zu beteiligen. Schroff weist sie ihn zurück. Als Kongressabgeordnete steckt sie mitten im Wahlkampf. Sie verdrängt - der Tochter zuliebe und täuscht sich auch darin. Denn die Tochter sieht schärfer als sie selbst.

Nach und nach fasst Kay eine tiefe Zuneigung zu dem Mann, der sichtlich um seine Frau trauert. Doch sind ihre Begegnungen überschattet von dem Gefühl, eigentlich zu viert zu sein. Kristin Scott Thomas, kühl und unnahbar, kann die Widersprüche ihrer Figur aufregend deutlich machen. Harrison Ford leidet eindeutig Qualen und stürzt sich dann ebenso leidenschaftlich in die neue Liebe. Kristin Scott Thomas darf dagegen nur ahnen lassen, was Kay empfindet. Zumal sie anders als Dutch sehr genau weiß, dass die Vergangenheit auf jede mögliche Zukunft ihren langen Schatten wirft.

Als psychologisches Kammerspiel hätte dieser Film phantastisch funktionieren können. Doch leider gibt es Nebenhandlungen, die das Geschehen immer wieder verzögern (Drehbuch: Kurt Luedtke, nach dem Roman von Warren Adler). Sie verselbständigen sich, etwa wenn bei einem Ermittlungsfall, der Dutch völlig entgleitet, lediglich bewiesen werden soll, wie sehr er aus dem Gleichgewicht geraten ist. Schade, dass solche Krimi-Klischees den Blick auf eine hochkomplizierte Beziehung über weite Strecken verstellen.In 22 Berliner Kinos. OV in der Kurbel

Carla Rhode

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