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Kultur: Die Regel und die Ausnahme

Ein

von Bernhard Schulz

Die Apologeten des Neoliberalismus attackieren allenthalben die Beschränkungen, die sich der vollständigen Herrschaft der Marktkräfte in den Weg stellen. Die Globalisierung hat ohnehin fast alle Dämme eingerissen. Eine Insel im Meer der Warenmärkte bildet eben noch die Kultur, für die Frankreich früh schon eine exception culturelle in Anspruch nehmen wollte. Vielleicht vergeblich: Denn seit gestern verhandeln die Unesco und ihre 190 Mitgliedsstaaten mit der Welthandelsorganisation WTO über die Angleichung des Kultursektors an die Deregulierung des Warenverkehrs. Die Unesco strebt ein weltweites Abkommen an, ohne Beschränkungen beim Zugang zu nationalen Märkten – Hollywood ist schließlich eine milliardenschwere Exportindustrie der USA –, aber mit gleichzeitigem Schutz der kulturellen Vielfalt.

Das klingt nach der Quadratur des Kreises. Darf der Staat Kultureinrichtungen unterstützen, oder gilt dies künftig als unzulässige Subvention? Müssen sich Kultureinrichtungen selbst finanzieren, mithin das Urteil über ihre Arbeit allein dem Markt überlassen? Aus europäischer Sicht sind solche Fragen absurd. Kultur ist nun einmal kein Gut wie jedes andere – auch Bildung übrigens nicht, wie selbst die USA wissen und praktizieren. Kultur bedarf vielmehr der Absicherung, nicht allein durch öffentliche Zuschüsse, sondern auch durch Regelwerke. Was marktgängig ist, soll sich seinen Markt suchen dürfen – das sei den Adepten des freien Handels gerne zugestanden. Was aber als kulturelle Handelsware nicht überleben könnte, bedarf eigener Regeln. Nicht als geduldeter Sonderfall, sondern als Kernbestand menschlicher Aktivität. Die reicht– es sei erinnert – über das Kaufen und Verkaufen denn doch hinaus.

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