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Kultur: Die Stadt anders denken Das Berlin-Heft der Zeitschrift „Arch +“

Eine „engstirnige Architekturdoktrin“, die jede alternative Entwicklung ausschließt, sehen die Redakteure Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo seit zwei Jahrzehnten in Berlin am Werk. Die Architekturzeitschrift „Arch +“ hat in all den Jahren tapfer ihre Stimme dagegen erhoben, oft pointiert, meist auf theoretisch hohem Niveau, so hoch, dass die Pragmatiker unter den Architekten und Planern sie links liegen gelassen und sich weiter der lukrativen Stadtvermarktung gewidmet haben.

Eine „engstirnige Architekturdoktrin“, die jede alternative Entwicklung ausschließt, sehen die Redakteure Nikolaus Kuhnert und Anh-Linh Ngo seit zwei Jahrzehnten in Berlin am Werk. Die Architekturzeitschrift „Arch +“ hat in all den Jahren tapfer ihre Stimme dagegen erhoben, oft pointiert, meist auf theoretisch hohem Niveau, so hoch, dass die Pragmatiker unter den Architekten und Planern sie links liegen gelassen und sich weiter der lukrativen Stadtvermarktung gewidmet haben.

Wenn die Zeitschrift nun mit ihrer jüngsten Ausgabe ein umfangreiches Berlin-Heft vorlegt, so wird man wohl keine Stimmann-Postille erwarten, die dem langjährigen Senatsbaudirektor und seinem Planwerk Innenstadt das Wort redet. Sie ist im Gegenteil eine Bestandsaufnahme aus oppositioneller Sicht, eine Sammlung alternativer Strategien, unkonventioneller Projekte und Realisierungen.

Manchmal freilich wird die Position der Zeitschrift zur Attitüde. Dann nämlich, wenn lieb gewordene Feindbilder gepflegt werden, die so in Wirklichkeit nicht existieren. Stimmanns Stadtpolitik des Wiederinkraftsetzens eines Großstadtmodells des 19. Jahrhunderts ist nicht a priori zu diskreditieren, weil sie einer politisch unliebsamen Zeit zu entstammen scheint, nur vielleicht deren Versteinerung in einem klischeehaften Stadtbild. Tatsache ist jedoch, dass sich die Ausprägungen bürgerlichen Stadtlebens und die Bedürfnisse einer post-materiellen Gesellschaft in weiten Bereichen decken (Urbanität, Dichte, Nutzungsmischung, Fußläufigkeit). Projekte wie die im Heft gezeigten Beispiele, intelligente Umnutzungen ehemaliger Gewerbebauten, sind auch in der Ära Stimmann gefördert worden.

Zu kurz kamen damals Auseinandersetzungen mit den gesellschaftlichen Voraussetzungen für Stadtplanung und Stadtgestaltung, Gentrifizierung etwa, Wohneigentumsfragen, Aneignung des öffentlichen Raums. Das wird nun hier nachgeholt. Falk Jaeger

„Arch+“, Nr. 201/202, 198 S., 19 Euro

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